Dienstag, 22. November 2011

Interview mit dem Nahost-Experten und Journalisten John Lanta

"Redaktion: In Syrien spitzt sich seit dem Ausschluss des Landes aus der Arabischen Liga die Lage zu. Der saudische König Abdullah sagte kürzlich, ein militärisches Eingreifen in Syrien wäre sinnvoll, damit wäre der wichtigste Bündnispartner Irans destabilisiert. Wie schätzen Sie die Gefahren für einen Krieg in Syrien ein und wann rechnen Sie damit?

Lanta: Ein Truppeneinsatz ohne direkten Zugang zu Rohstoffressourcen wie Öl oder Gas ist in den USA schwer vermittelbar. Allen Beteiligten wäre klar, dass der Iran nicht zusehen würde – und auch lokale bewaffnete Kräfte wie die Hisbollah nicht. Der ganze Nahe Osten könnte explodieren.

Deshalb wird die Destabilisierung Syriens ja nun seit Monaten mit vom Ausland bezahlten und ausgerüsteten kleinen Gruppen organisiert. Mit mäßigem Erfolg im Land selbst, jedoch mit wundervollem Propaganda-Geklingel hier. Das ganze Vorgehen ist höchst »unsyrisch«, um das so auszudrücken, es nützt nicht dem syrischen Volk, bestimmt nicht seiner Freiheit und natürlich nicht seinem Wohlergehen. Der saudische König hat sich mit seiner Äußerung für saudische Verhältnisse sehr weit vorgewagt. Eines Tages wird man ihm mangelnde arabische Solidarität vorwerfen – und dass er sich zu weit in die Hände der USA begeben hat. Außerdem ist die schiitische Minderheit von mindestens zehn Prozent der Bevölkerung nicht zu vergessen, das reicht für genügend Ärger, schließlich hat die Monarchie ja auch unter den Sunniten ihre Kritiker und Gegner. Der König hat sein eigenes Land mit dieser Bemerkung destabilisiert. Ich rechne nicht mit Krieg gegen Syrien. Der käme erst dann, wenn alle anderen Hilfsmittel versagen und über den Iran nach einem Regimewechsel auch nichts zu machen wäre.


Redaktion: Hat Syrien überhaupt eine Chance, seine Unabhängigkeit gegenüber den äußeren Einmischungen und Destabilisierungsversuchen zu behaupten? 

Lanta: Selbstverständlich. Doch müsste die Regierung wesentlich besser auf dem Propaganda-Klavier spielen lernen. Die Führung versteht davon fast gar nichts, außerdem fehlt nicht nur die personelle Infrastruktur, sondern auch Know-How und eine konzertierte Strategie. Das wiederum bedeutet, dass die Gefahr besteht, dass Syrien aus politisch-strukturellen Gründen die Chancen, die es gibt, nicht nutzen kann. Das hat Syrien mit Libyen gemeinsam..."

http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/redaktion/saebelrasseln-im-nahen-osten-droht-explosion-.html

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