Eine gute Woche ist es nun her, dass ein türkisches Kampfflugzeug von der syrischen Flugabwehr abgeschossen wurde. Seither wurde eine Nato-Krisensitzung einberufen, verlegte die Türkei zusätzliche
Panzer, Artillerie und Flugabwehrraketen an die Grenze, marschierten
auf der anderen Seite syrische Truppen auf. Die Türkei hat den Abschuss
"in internationalen Gewässern" einen "feindseligen Akt" genannt und
lautstark Vergeltung angekündigt.
Aber stimmt es?
Die Syrer, die es nicht wagen dürfen, die Türkei feindseliger Akte zu
bezichtigen, obwohl im türkischen Antakya und mit türkischer Ermutigung
das Nervenzentrum der "Freien Syrischen Armee" den Kampf der Rebellen
gegen die syrische Regierung organisiert, hatten angegeben, das Flugzeug
sei weit innerhalb des syrischen Luftraums von einem konventionellen
Flakgeschütz mit nur 2,5 Kilometer Reichweite getroffen worden.
Kein Hinweis für Wahrhaftigkeit der türkischen Angaben
Im Westen wächst
der Zweifel an der Wahrhaftigkeit der türkischen Behauptungen. Gleich
drei Presseberichte in angelsächsischen Medien stellten in den letzten
Tagen drei verschiedene Aspekte der türkischen Verlautbarungen in Frage.
Das "Wall Street
Journal" zitierte "hochrangige amerikanische Geheimdienstkreise" mit
der Feststellung, es gebe keinen Hinweis für die Wahrhaftigkeit der
türkischen Darstellung; vielmehr deuteten alle Erkenntnisse auf
amerikanischer Seite darauf hin, dass das Flugzeug tatsächlich sehr nahe
an der Küste von einer Flakkanone getroffen worden sei. Das bedeute,
dass der Jet sehr langsam und tief geflogen sei.
In einem Bericht der
International Herald Tribune wurden mehrere amerikanische und
"verbündete" Offizielle dahingehend zitiert, dass die Darstellung der
Türkei fragwürdig sei, die Mission des Flugzeugs sei nicht gegen Syrien gerichtet gewesen.
Warum die F4 so
lange so nahe am syrischen Flugraum verweilte, angesichts der Spannungen
zwischen beiden Ländern, und ob es in Wirklichkeit nicht um einen
Versuch gegangen sei, die Reaktionen der syrischen Luftabwehr zu testen,
das seien offene Fragen, denen man nachgehe, hieß es im Bericht. Aber
auf der politischen Ebene wolle man "die Darstellung eines
Nato-Verbündeten nicht anzweifeln".
Türken drangen bei Nato auf Militäraktion
Die Nato hatte
den Abschuss am Dienstag verurteilt, nachdem die Türkei eine
Krisensitzung nach Artikel 4 der Nato-Charta beantragt hatte. Der
Artikel bezieht sich auf "Konsultationen" in einer Krisensituation. Aber
im Vorfeld hatte der türkische Vizepremier Bülent Arinc von der
Möglichkeit gesprochen, die Türkei könne auch "Artikel 5" ins Spiel
bringen, also eine militärische Reaktion im Bündnisfall.
Das hatte er
rasch zurückgezogen, und es blieb auch tatsächlich bei "Konsultationen".
Ein Bericht des britischen "Guardian" zitierte aber kürzlich namentlich
nicht genannte Nato-Kreise mit der Angabe, die Türken hätten sehr wohl
versucht, auf der Sitzung eine Militäraktion in die Diskussion zu
bringen. Sie hätten "ohne vorherige Absprache" plötzlich über die
Einführung einer Flugverbotszone über Syrien reden wollen, hieß es im
Bericht. Sie seien damit aber erfolglos geblieben.
Im Licht dieser
Berichte stellt sich die Frage, ob die verbal laute türkische Reaktion –
der bislang auf dem Boden kaum Taten folgten – nicht vor allem dazu
dienen soll, erhebliche Fehlentscheidungen beim Einsatz der F4 zu
kaschieren."
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