"Bislang
halten sich die Westmächte aus dem Bürgerkrieg in Syrien zumindest
offiziell heraus. Nun scheint ein hochrangiger US-Militär erstmals
ausgesprochen zu haben, was längst vermutet wurde: Washingtons
Kriegspläne gegen das arabische Land liegen detailliert vor. Sekundiert
wurde diese Drohung durch ein Interview der UN-Menschenrechtskommissarin
Pillay, die sich unverblümt für eine Intervention aussprach. Diese sei
nötig, um Syriens Präsident Assad vor das sog. Internationale
Strafgericht zu stellen.
Dabei weit die Kriegspläne der USA gegen
Syrien bereits weiter fortgeschritten sein könnten, darauf deuten
zumindest angebliche Äußerungen des Staabschefs der US-Armee, General
Raymond Odierno, hin. In einer Rede am vergangenen Freitag soll der
hochrangige Militär erklärt haben, die Pläne für einen Einsatz in dem
arabischen Land seien fertig ausgearbeitet. Die Streitkräfte warteten
nur noch auf den Befehl von Präsident Barack Obama, bevor sie
losschlagen.
Auffallend ist, daß die angeblichen Äußerungen
Oldiernos bislang kaum öffentliche Resonanz auslösten. Gemeldet wurden
sie bislang offenbar ausschließlich vom chinesischen Rundfunk; in
US-Medien findet sich keine Bestätigung.
Solle der Stabschef einen
Angriff tatsächlich derart offen angekündigt haben, so würden seine
Äußerungen auch auf eine zunehmende Verstimmung zwischen Washington und
den syrischen Rebellen hindeuten. Bereits in den vergangenen Monaten
hatte das US-Außenministerium seine Verärgerung über die wachsende
Dominanz von Islamisten in der bewaffneten Opposition deutlich gemacht.
Vergangene Woche präsentierte zudem die Türkei erstmals Waffen, die bei
einem Schmuggelversuch über die Grenze in mehreren Aktionen
beschlagnahmt worden sein sollen. Das Vorgehen der türkischen Behörden
wäre vor allem deshalb Hinweis auf eine veränderte Politik, weil Ankara
bislang der Rebellen-Versorgung über die gemeinsame Grenze tatenlos
gegenüberstand.
Glaubt man der wiedergegebenen Äußerung Odiernos,
so sollte ein US-Angriff an die innenpolitische Lag ein Syrien angepaßt
werden und u.a. dem Zugriff auf die chemischen Waffen der Armee von
Präsident Baschar al-Assad dienen. Die Chemiewaffen des Landes werden
von Beobachter bereits länger als wahrscheinlicher Kriegsgrund
verhindert – wahlweise, wegen eines angeblich drohenden Einsatzes gegen
die Rebellen, oder aufgrund des Zugriffs von Islamisten auf Teile der
Vorräte.
Ob Obama den Einsatzbefehl tatsächlich gibt, gilt
derzeit als offen. Allerdings dürfte sich Washington vor einer offenen
Einmischung in der Bürgerkrieg um einen Legitimation durch die vereinten
Nationen bemühen. Ein Hinweis auf mögliches Strippenziehen hinter den
Kulissen ist eine jüngste Forderung von UN-Menschenrechtskommissarin
Navi Pillay, die sich im britischen Fernsehsender Channel 4 in seltener
Offenheit für einen Angriff aussprach. Dabei bediente sich Pillay des
üblichen Repertoires des Menschenrechtsimperialismus. Ohne ausländische
Intervention drohe die Gefahr eines "ellenlangen Krieges", ohne
Garantien für den Schutz von Zivilisten. Da Assads Truppen und deren
Verbündete für Kriegsverbrechen verantwortlich wären, müßte der
Staatschef vor den sog. Internationalen Strafgerichtshof gestellt
werden. Um dies zu erreichen, sei ein Handeln der Westmächte
gerechtfertigt. "Welcher Art auch immer," so Pillay.
Dabei könnten
sich Spezialtruppen des Westens bereits vor Ort für einen Militärschlag
bereithalten. Ende Dezember kursierten Meldungen, wonach sich sowohl
US-Einheiten mit Erfahrungen im Wüstenkampf, als auch Angehörige der
französischen Fremdenlegion in Jordanien aufhalten. Zu ihrem Auftrag
gehörten im Falle einer Intervention Kommandoeinsätze, sowie eine
Besatzung von C-Waffendepots. Auch würden Rebellen-Kämpfer in
Ausbildungslagern auf jordanischem Boden ausgebildet.
Zugleich
sprechen sich Großbritannien, Frankreich und Italien für eine Lockerung
des EU-Waffenembargos gegen Syrien aus – was in der Konsequenz bedeuten
würde, die Rebellen auch offen mit Militärgerät auszustatten. Ein
hochrangiger britischer Diplomat begründete seine Forderung damit,
Syriens Opposition müsse in die Lage versetzt werden, "besser für den
Schutz der Zivilisten zu sorgen". Bislang gilt ein Exportverbot von
Rüstungsgütern in das arabische Land, wovon alle Parteien des
Bürgerkriegs betroffen sind. Am heutigen Montag soll in Brüssel über das
Ende Februar auslaufende Embargo verhandelt werden. Diplomatische
Kreise erwarten jedoch keine Lösung. Insbesondere Deutschland ist gegen
eine Lockerung des Lieferverbots.
Die Lage an der Front ist
derweil unübersichtlich. Unterdessen gingen die Kämpfe im Großraum der
syrischen Hauptstadt Damaskus weiter. Nach Angaben der syrischen
Nachrichtenagentur SANA – die weder unparteiisch noch überprüfbar sind –
kamen "viele Terroristen" ums Leben; konkrete Zahlen nannte die Agentur
nicht und berief sich bei ihrer Berichterstattung auf Militärquellen.
Auch Ziele in Aleppo wurden demnach angegriffen. Westlichen Medien zu
Folge starben bei Kämpfen in Homs sieben Personen, darunter zwei
Angehörige der mit Damaskus verbündeten Hisbollah-Miliz. Am Sonnabend
gab es erstmals Kämpfe an den Golanhöhen. Dabei gelang es Rebellen
offenbar, einen Panzer zu erobern. Mehrere Verwundete, die sich an die
Grenze zu Israel flüchten konnten, wurden in dortige Krankenhäuser
gebracht. Die Regierung in Jerusalem bezeichnete dies als humanitäre
Aktion; Israel halte sich weiterhin aus dem Bürgerkrieg im Nachbarland
heraus."
Quelle: http://www.berliner-umschau.de/news.php?id=2887&title=Kriegspl%E4ne+der+US-Armee+gegen+Syrien+offenbar+bereits+ausgearbeitet&storyid=1001361174907
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