Mit moderner Förderungstechnik hat das, was derzeit auf dem syrischen
Ölfeld al-Thaura geschieht, wenig zu tun: Die zehn Männer, die gerade
drei Tanklaster mit Rohöl befüllen, haben den Job augenscheinlich noch
nicht allzu oft gemacht. Umständlich füllen sie aus einem Bohrloch
hochsteigendes Öl in offene Fässer, berichtet ein
SPIEGEL-ONLINE-Mitarbeiter. Aus denen wiederum wird die schwarze Pampe -
naturbelassen, so wie sie aus der Tiefe kommt - in die Tanklaster
gepumpt.
Pro Fass gehen etliche Liter daneben, der Boden um die wartenden Laster
ist jetzt schon schwer belastet. Auch die Uniformen der zu Ölarbeiten
abgestellten Kämpfer haben gelitten: Das Tarnfleck ist dunkel verfärbt.
Seit Februar ist das in der syrischen Provinz Rakka gelegene Ölfeld
al-Thaura in Rebellenhand, unter Kontrolle der Gruppe Liwa al-Islam.
Dieses Islam-Bataillon ist einer der islamistischen Rebellentrupps,
die in der kargen Steinwüste im Nordosten Syrien agieren. Seine Männer
rivalisieren dabei mit anderen Rebellengruppen um die Vorherrschaft.
Dabei geht es um die richtige Ideologie und den Grad an Religiosität,
vor allem aber um Geld: Denn nur die Einheiten, die Waffen, Munition und
Verpflegung beschaffen können, haben im dritten Jahr des Kriegs gegen
das Regime Baschar al-Assads eine Chance.
Bargeld ist im kargen Osten Syriens Mangelware, Öl hingegen gibt es reichlich. Also haben sich die Rebellen kurz nach der Eroberung mehrerer Raffinerien darauf verlegt, den Bodenschatz zu versilbern.
Zu Dumping-Preisen verhökern sie das Rohöl, teils an Abnehmer in der syrischen Nachbarprovinz Aleppo, teils an Geschäftemacher in der Türkei. Die Tanklastwagen, die an diesem Apriltag befüllt werden, haben türkische Nummernschilder: Einmal voll, werden die syrischen Fahrer sie nach Tell Abiad steuern, dem nächsten Grenzübergang zur Türkei.
13 Dollar pro Ölfass für die Rebellen
Etwa zehn Tankwagenladungen verkaufen die Rebellen in al-Thaura pro Tag, berichtet der SPIEGEL-ONLINE-Mitarbeiter. Sie machen damit gutes Geld: Umgerechnet etwa 13 US-Dollar nehmen die Männer pro Fass. Auf dem Weltmarkt wird das Fass Rohöl zwar für um hundert Dollar gehandelt, doch das interessiert hier nicht. "Wir tun unser Bestes, das Öl heraufzupumpen und auf dem lokalen und internationalen Markt zu verkaufen. Damit versuchen wir, den Menschen zu helfen, jetzt wo es keine Regierung mehr gibt", sagt Abu Hamid, einer der örtlichen Anführer der Liwa al-Islam.
Doch es ist paradoxerweise Abu Hamids Schwarzmarkthandel mit dem Rohöl, der dazu beiträgt, dass es in Rakka und anderen aufständischen Provinzen Syriens kaum Recht und Ordnung gibt: Zwar hat der im Exil agierende Syrische Nationalrat angekündigt, ähnlich wie damals in Libyen, in Syriens befreiten Zonen einen Rumpfstaat einrichten zu wollen. Doch dazu bräuchte die politische Führung Geld - Geld, das sie eigentlich durch den Verkauf von Bodenschätzen beschaffen wollte.
Kampf um das Öl wird Jahre dauern
Um das zu ermöglichen, hat die Europäische Union Ende April eigens das Ölembargo gegen Syrien aufgehoben. Der Opposition solle so die Möglichkeit gegeben werden, ein Einkommen zu erwirtschaften. Experten schätzen, dass die Rebellen bei guter Organisation bis zu 30.000 Barrel Rohöl pro Tag fördern könnten. Die staatliche Produktion liegt bei 150.000 Barrel am Tag, der Hälfte der Vorkriegsproduktion. Im besten Fall könnten die Rebellen, wenn sie das Öl für günstige 60 bis 70 Dollar das Fass verkaufen, so etwa 20 Millionen Dollar pro Monat machen.
Das Problem ist jedoch, dass weder der Nationalrat noch der Oberste Militärrat, die Zentralorganisationen der Aufständischen, Zugriff auf die befreiten Ölfelder haben. Stattdessen betrachten die Einheiten und Stämme, die ein Ölfeld für sich erobert haben, es als ihr Eigentum.
Der Chef des Militärrats, General Selim Idriss, forderte jüngst, der
Westen solle eine 30.000 Mann starke Armee finanzieren, um die Ölfelder
geschlossen in die Hand des Militärrats zu bringen. Nur so könnten die
Bodenschätze vor illegaler Ausbeutung geschützt werden.
Beobachter fürchten, dass der Kampf um das Öl auch nach einem
Regimewechsel in Damaskus noch lange weitergehen könnte. Die Öl-Mafia
werde sich ihr Geschäft nicht nehmen lassen, auch nicht von einer
Rebellenführung, sagen westliche Diplomaten. Die Händler seien
inzwischen bestens organisiert. In Deir al-Sor benutzen reiche
Schmuggler mobile Raffinerien, um das Rohöl gleich vor Ort zu verfeinern
und nur das Endprodukt transportieren zu müssen, berichtete die
Nachrichtenagentur Reuters. Eine mobile, auf einem Laster installierte
Anlage kostet danach 230.000 Dollar und kann bis zu 200 Barrel pro Tag
raffinieren.
Auch in Thaura hat es bereits Streit um das schwarze Gold gegeben, in diesem Fall zwischen rivalisierenden Rebellentruppen. Am 7. April forderten die örtliche Führer der Faruk-Brigaden einen Anteil an dem vom Islam-Bataillon verkauften Öl. Doch diese wollten ihren Profit nicht teilen, es kam zu einem Feuergefecht. Zwei Männer des Liwa al-Islam starben - sie gaben ihr Blut für Öl."
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/rohstoffe-in-syrien-rebellen-verschleudern-oel-zu-dumping-preisen-a-899972.html
Bargeld ist im kargen Osten Syriens Mangelware, Öl hingegen gibt es reichlich. Also haben sich die Rebellen kurz nach der Eroberung mehrerer Raffinerien darauf verlegt, den Bodenschatz zu versilbern.
Zu Dumping-Preisen verhökern sie das Rohöl, teils an Abnehmer in der syrischen Nachbarprovinz Aleppo, teils an Geschäftemacher in der Türkei. Die Tanklastwagen, die an diesem Apriltag befüllt werden, haben türkische Nummernschilder: Einmal voll, werden die syrischen Fahrer sie nach Tell Abiad steuern, dem nächsten Grenzübergang zur Türkei.
13 Dollar pro Ölfass für die Rebellen
Etwa zehn Tankwagenladungen verkaufen die Rebellen in al-Thaura pro Tag, berichtet der SPIEGEL-ONLINE-Mitarbeiter. Sie machen damit gutes Geld: Umgerechnet etwa 13 US-Dollar nehmen die Männer pro Fass. Auf dem Weltmarkt wird das Fass Rohöl zwar für um hundert Dollar gehandelt, doch das interessiert hier nicht. "Wir tun unser Bestes, das Öl heraufzupumpen und auf dem lokalen und internationalen Markt zu verkaufen. Damit versuchen wir, den Menschen zu helfen, jetzt wo es keine Regierung mehr gibt", sagt Abu Hamid, einer der örtlichen Anführer der Liwa al-Islam.
Doch es ist paradoxerweise Abu Hamids Schwarzmarkthandel mit dem Rohöl, der dazu beiträgt, dass es in Rakka und anderen aufständischen Provinzen Syriens kaum Recht und Ordnung gibt: Zwar hat der im Exil agierende Syrische Nationalrat angekündigt, ähnlich wie damals in Libyen, in Syriens befreiten Zonen einen Rumpfstaat einrichten zu wollen. Doch dazu bräuchte die politische Führung Geld - Geld, das sie eigentlich durch den Verkauf von Bodenschätzen beschaffen wollte.
Kampf um das Öl wird Jahre dauern
Um das zu ermöglichen, hat die Europäische Union Ende April eigens das Ölembargo gegen Syrien aufgehoben. Der Opposition solle so die Möglichkeit gegeben werden, ein Einkommen zu erwirtschaften. Experten schätzen, dass die Rebellen bei guter Organisation bis zu 30.000 Barrel Rohöl pro Tag fördern könnten. Die staatliche Produktion liegt bei 150.000 Barrel am Tag, der Hälfte der Vorkriegsproduktion. Im besten Fall könnten die Rebellen, wenn sie das Öl für günstige 60 bis 70 Dollar das Fass verkaufen, so etwa 20 Millionen Dollar pro Monat machen.
Das Problem ist jedoch, dass weder der Nationalrat noch der Oberste Militärrat, die Zentralorganisationen der Aufständischen, Zugriff auf die befreiten Ölfelder haben. Stattdessen betrachten die Einheiten und Stämme, die ein Ölfeld für sich erobert haben, es als ihr Eigentum.
Auch in Thaura hat es bereits Streit um das schwarze Gold gegeben, in diesem Fall zwischen rivalisierenden Rebellentruppen. Am 7. April forderten die örtliche Führer der Faruk-Brigaden einen Anteil an dem vom Islam-Bataillon verkauften Öl. Doch diese wollten ihren Profit nicht teilen, es kam zu einem Feuergefecht. Zwei Männer des Liwa al-Islam starben - sie gaben ihr Blut für Öl."
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/rohstoffe-in-syrien-rebellen-verschleudern-oel-zu-dumping-preisen-a-899972.html
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