Unlängst
ist in der Presse eine recht interessante Version für die Herkunft der
chemischen Waffen erschienen, die in Syrien zum Einsatz gelangt sind.
Angeblich seien sie direkt aus Amerika dorthin gebracht worden, wo
gewisse Missetäter sie nahezu unter den häuslichen Bedingungen
synthetisiert hätten. Es sei nämlich so, dass die größten Handelsnetze
der USA Produkte verkaufen, die für die Herstellung von Sarin verwendet
werden können.
Übrigens
glauben daran nicht alle Experten. Oberstleutnant Eduard Korschunow,
Leiter der Forschungsabteilung für Militärgeschichte der Nordwestregion
der Russischen Föderation des Instituts für Militärgeschichte des
Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation, meint:
„Das
ist nur wenig wahrscheinlich. Denn sowohl die Komponenten als auch
Sarin selbst fallen unter die Chemiewaffenkonvention. Die
Chemiewaffenkonvention ist ein Dokument, das drei Listen als Anlage
aufzuweisen hat. Die erste Liste, das sind die eigentlichen Giftstoffe.
Ihre Produktion und ihr Horten sind verboten. Die zweite Liste umfasst
die Komponenten, aus denen diese Giftstoffe synthetisiert werden. Sie
sind ebenfalls verboten und stehen unter einer strengen Kontrolle. Sie
dürfen nicht ohne weiteres verkauft werden.“
Zugleich
lassen recht viele Fachleute zu, dass Sarin sozusagen „unter häuslichen
Verhältnissen“ synthetisiert werden kann. Pjotr Topytschkanow,
wissenschaftlicher Oberassistent des Zentrums für internationale
Sicherheit des Instituts für Weltwirtschaft und internationale
Beziehungen der Akademie der Wissenschaften Russlands, sagt:
„Ein
Chemieingenieur, der über die entsprechende Ausbildung verfügt, kann
unter heimindustriellen Bedingungen ein Giftgas erzeugen, welches bei
einem Chemieangriff eingesetzt werden kann. Es handelt sich hierbei
jedoch nicht um eine Massenvernichtungswaffe, sondern um eine geringe
Gasmenge, die bei einem Terrorakt eingesetzt werden kann. In diesem
Zusammenhang kommt einem die Attacke in den Sinn, die von der Sekte ‚Omu
Shinrikyo’ in Tokio unternommen wurde.“
Andererseits
reichen nur 280 Gramm Sarin laut Angaben des Nationalen
Gesundheitsinstituts aus, um mehr als 10.000 Personen umzubringen. Und
das ist gerade der Maßstab der syrischen Tragödie. Sergej Michejew,
Generaldirektor des Zentrums für politische Konjunktur, meint:
„Hier
sollte man sich auf den Bericht stützen, den die russische Seite
verfasst hat. Darin wird die Tatsache hinreichend professionell und
exakt begründet, dass die vorgefundenen chemischen Substanzen nach einem
heimindustriellen Verfahren erzeugt worden seien. Und dass es im
Prinzip möglich ist, ist ein offenes Geheimnis. In unserer Zeit kann man
das unter den häuslichen Bedingungen anfertigen. Viele Komponenten
werden in der Tat in offenen Handelsnetzen angeboten, und nicht nur in
England oder Amerika, sondern überhaupt in der ganzen Welt.
Unter anderem liegen reale Erfahrungen mit dem Einsatz von chemischen
Substanzen durch verschiedene extremistische Organisationen vor. So hat
die Sekte ‚Omu Shnrikyo’ ebenfalls das Gas Sarin in der U-Bahn von Tokio
eingesetzt. Also gibt es dabei nichts Unerreichbares. Die
Wahrscheinlichkeit dessen, dass Chemiesubstanzen nach einem
heimindustriellen Verfahren gefertigt worden sind, ist hinreichend
hoch.“
Wie
dem auch sei, aber alles stößt wieder an der Notwendigkeit einer
sorgfältigen Untersuchung an. Nur sie allein soll den Grad der Schuld
der im Konflikt involvierten Parteien bestimmen.
Man
muss zugeben, dass die internationale Gemeinschaft in der Syrienfrage
gespalten ist. Beim G20-Gipfeltreffen ist deutlich geworden, dass
zumindest die Hälfte der Mitglieder dieses elitären Klubs für eine
gewaltsame Aktion gegen Bashar al-Assad eintritt. Aber die andere Hälfte
vertritt einen entgegen gesetzten Standpunkt. Folglich ist ein Konsens
erforderlich. Bis dahin wird jede Anti-Assad-Aktion als eine markante
Demonstration der geringschätzigen Haltung der jetzigen Weltordnung
gegenüber aussehen, die auf der Grundlage der wechselseitigen
Berücksichtigung einer Vielzahl von unterschiedlich ausgerichteten
Interessen aufgebaut worden ist."
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