Montag, 16. September 2013

"Türkei provoziert Syrien mit Helikopter-Abschuss"

"Türkische Jets schießen einen syrischen Helikopter ab. Nach Darstellung Ankaras hat er den Luftraum verletzt. Der Vorfall kommt zu einem sensiblen Moment. Die Türkei könnte daraus Kapital schlagen.  

Die Regierung in Ankara hat den Abschuss eines syrischen Hubschraubers durch Kampfflugzeuge der türkischen Luftwaffe bekanntgegeben. Der Helikopter habe den Luftraum der Türkei verletzt, sagt der stellvertretende Ministerpräsident Bülent Arinc. Daraufhin hätten Abfangjäger, die von der Luftwaffenbasis in Malatya aufgestiegen seien, Raketen abgefeuert und den Helikopter abgeschossen.
Nach einem Bericht der Dogan-Nachrichtenagentur konnten die Piloten zunächst abspringen, sie seien aber danach von syrischen Rebellen umgebracht worden, und türkisches Militärpersonal sei dann "in das Gebiet gebracht worden". Demzufolge landeten die Piloten auf syrischem Gebiet, das von zumeist islamistischen Rebellen kontrolliert wird, die teilweise von der Türkei unterstützt werden.
Die Regierung in Ankara bestätigte, dass der Helikopter auf syrischem Gebiet niedergegangen sei – unklar ist, ob er auch dort auch abgeschossen wurde. Ob er türkischen Luftraum verletzt habe, konnte bislang nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden.

Verwirrung um Abschuss eines weiteren Helikopters

Für Verwirrung sorgte eine Meldung der Cihan-Nachrichtenagentur, wonach syrische Rebellen in derselben Region einen Hubschrauber abgeschossen und die beiden Piloten erschossen hätten. Es blieb zunächst unklar, ob es sich um denselben oder einen anderen Hubschrauber handelte. Auch war nicht klar, ob die syrische Maschine, wie Arinc sagte, "zwei Kilometer lang" den türkischen Luftraum verletzte, also zeitlich so lange, wie der Hubschrauber bräuchte, um 2000 Meter zurückzulegen, oder ob er "zwei Kilometer tief" auf türkisches Gebiet vordrang, wie manche Medien berichteten.
In dem Fall wäre schwer zu erklären, wieso er auf syrischem Gebiet abstürzte. Nach Angaben des türkischen Generalstabs wurde die Maschine 1000 Meter innerhalb des türkischen Luftraums getroffen, stürzte aber auf syrischem Gebiet ab.
Arinc sagte, die Piloten seien mehrfach vergeblich aufgefordert worden, abzudrehen. Erst danach habe man auf sie gefeuert.

Abschuss hat eventuell politischen Hintergrund

Hochsymbolisch wirkte die Angabe der Regierung, die türkischen Kampfflugzeuge seien vom Luftwaffenstützpunkt Malatya aufgestiegen. Von dort war vor einem Jahr auch ein türkischer Kampfjet aufgestiegen, der dann von der syrischen Luftabwehr abgeschossen wurde, nachdem er nachgewiesener Weise den syrischen Luftraum verletzt hatte. Damals hatte die Türkei wochenlang versucht, daraus eine internationale Krise zu machen – unter Einbeziehung der Nato.
Gareth Jenkins, wohl der anerkannteste Experte zur türkischen Sicherheitspolitik, hält es nicht für ausgeschlossen, dass der jetzige Zwischenfall einen politischen Hintergrund hat, und dass die Türkei den Helikopter möglicherweise doch über syrischem Gebiet abschoss, um daraus politisches Kapital zu schlagen.
Die Türkei drängt seit langem und vehementer als sonst irgend ein Land auf eine militärische Intervention in Syrien. Ein solcher Militärschlag – durch die USA - schien in den letzten Wochen schon fast sicher, ist aber inzwischen wieder fraglich, nachdem der syrische Diktator Baschir al-Assad zugesagt hat, sein Chemiewaffen-Arsenal unter internationale Kontrolle zu stellen.
Im Zuge der hektischen diplomatischen Winkelzüge, die zu dieser neuen Lage führten, spielte die Türkei keinerlei Rolle und schien mit ihrer einseitigen Fixierung auf Waffengewalt international am Ende etwas marginalisiert.

Türkei: Syrien "bestraft"

Der Abschuss just zu diesem Zeitpunkt scheint geeignet, die regionale Bedeutung und den Führungsanspruch Ankaras wieder zu unterstreichen. Die mediale Ausschlachtung auf höchster Ebene durch zunächst Arinc, und dann wenig später Außenminister Ahmet Davutoglu, deutete auf gute Koordination hin. Davutoglu klang fast kriegerisch, als er verkündete, niemals werde sich fortan ein Land erfrechen, den türkischen Luftraum zu verletzten. Die Türkei habe Syrien "bestraft".
All das trägt dazu bei, die Spannungen zu erhöhen, zumal am selben Tag der UN-Bericht zum syrischen Giftgasangriff vom 21. August publik wurde. Um genau zu sein, der Abschuss erfolgte zehn Minuten vor der Bekanntgabe des UN-Berichts.
Der kommt zu dem Schluss, dass bei dem Giftgas-Massaker an syrischen Zivilisten Boden-Boden-Raketen verwendet wurden. Im Klartext heißt das wohl, dass das syrische Regime der wahrscheinliche Täter ist.
Dies und der Hubschrauber-Abschuss sorgen nun wieder für eine Atmosphäre, in der ein Militärschlag in aller Munde ist. Genau das scheint die Türkei auch erreichen zu wollen: Davutoglu sagte neben seinen Äußerungen zum Luftkampf auch, dass eine monatelange Prozedur, um syrische C-Waffen unter internationale Aufsicht zu bringen, vom Regime in Damaskus missbraucht werden würde."

 


1 Kommentar:

  1. Ich betrachte den Abschuss schon als Provokation.
    Die Syrische Regierung hat kein Interesse an einer Provokation. Wohl aber die Gegner. Es lässt sich sicher nicht ausschließen das der Hubschrauber auch gestohlen war oder?

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