Die Türkei hat 1100 Europäer
zurück in die Heimat geschickt, die sich in Syrien Al-Qaida-Gruppen
anschließen wollten. Ein Bericht darüber habe Ankara an europäische
Länder geschickt, berichtet die lokale, türkische Tageszeitung
"Habertürk". Zu den Empfängern gehörten Deutschland, Belgien, Frankreich
und die Niederlande. Der Großteil der Kämpfer stamme aus diesen
Ländern.
Laut dem
Zeitungsbericht haben der nationale Geheimdienst (MIT),
Gendarmeriekräfte und Polizeieinheiten die 1100 Bürger der EU im Laufe
des Jahres bei insgesamt 43 Operationen verhaftet. Weitere 1500
Dschihadisten, die in Syrien an der Seite radikal-islamistischer
Gruppierungen wie Jhabat al-Nusra und Islamischer Staat im Irak und der
Levante (ISIL) kämpfen wollten, seien allerdings immer noch in der
Türkei.
Der
Fahndungserfolg sei durch den Austausch von Geheimdienstinformationen
über Interpol möglich geworden. In dem Bericht wird auch daraufhin
gewiesen, dass die Türkei in den letzten drei Jahren insgesamt 141
Operationen gegen al-Qaida durchgeführt hat. Von den dabei 518
Verhafteten seien 218 ins Gefängnis gekommen.
Türkei will Beweis liefern
Es liest sich
wie eine Art Rechenschaftsbericht. Die Türkei war von europäischen
Ländern immer mehr unter Druck gekommen, da über türkische Grenzen
Dschihadisten ungehindert nach Syrien reisen konnten. Sie sollen von den
Behörden unbehelligt in Appartements in den Grenzstädten zu Syrien
untergebracht sein.
Laut
Augenzeugenberichten sollen türkisches Militär und Geheimdienst den
Grenzübertritt von Kämpfern samt Proviant und Waffen bewacht haben.
Vorwürfe, die die Türkei immer wieder vehement zurückgewiesen hat. Mit
diesem Bericht will man alle Zweifel ausräumen und schwarz auf weiß
beweisen: Man hat nicht tatenlos zugesehen.
In Syrien sollen
zwischen 15.000 und 25.000 Ausländer kämpfen. Der Großteil davon kommt
nicht aus Europa, sondern aus Tunesien, Tschetschenien, Libyen,
Afghanistan, dem Irak, aus Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten. Die
meisten davon sind ungehindert über die Türkei nach Syrien gekommen.
Lage in Syrien außer Kontrolle
Der türkische
Außenminister Ahmet Davutoğlu forderte Ende November bei seinem
zweitägigen Besuch in den USA "eine bessere Kooperation mit den
Geheimdiensten" der Länder, aus denen die Kämpfer stammten. "Ankara hat
bei westlichen Staaten angefragt, die Informationen über verdächtige
Militante zu teilen, damit die türkischen Behörden in der Lage sind, sie
zu stoppen".
Könnte es sein,
dass die Türkei kalte Füße bekommen hat? Seit Beginn des Bürgerkriegs
2011 hat sie bei Dschihadisten aus aller Herren Länder beide Augen
zugedrückt. Nun ist in Syrien die Lage außer Kontrolle geraten.
Extremisten kontrollieren große Teile der Rebellengebiete und sind
weiter auf dem Vormarsch. Der radikale Islam könnte auch auf die Türkei
überschwappen.
Im Kleinbus über den Grenzstreifen
Aber in Ankara
macht man sich offensichtlich noch keine großen Sorgen. Diplomatie ist
eine Sache, die Realität eine andere. Die 1100 verhafteten europäischen
Dschihadisten, die im Bericht ausgelobt werden, sind nur ein Tropfen auf
dem heißen Stein. Noch immer reisen radikale Islamisten über Istanbul
legal in die Türkei ein und weiter in die grenznahen Städte von Antakya
und Gaziantep. Dort hat es keine großräumigen Razzien gegeben.
Noch immer
funktionieren die Netzwerke, die Dschihadisten aus Europa oder Libyen
nach Syrien schicken. Die türkische Grenze ist für sie noch immer offen.
Wie Augenzeugen der "Welt" berichteten, fahren sie weiter gemütlich im
Kleinbus über die Pisten des Grenzstreifens."
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