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Ein 48-jähriger Franzose algerischer Abstammung aus Marseille wurde in
der Gegend von Al-Haffah bei schweren Kämpfen mit größeren
Rebelleneinheiten, die von der Türkei aus nach Syrien eingedrungen sind,
gefangen genommen. Fachkundiges Verminen der Bergstraßen und
professionell angelegte Hinterhalte hatten es den Terroristen gestattet,
den Regierungstruppen empfindliche Verluste zuzufügen. Eine Anzahl
moderner Panzer sind durch Minen oder durch den Einsatz von
Panzerabwehrwaffen vom Typ „MILAN“ aus deutsch-französischer Produktion
außer Gefecht gesetzt worden. Das ist nun allerdings die Handschrift von
Profis, nicht von „bewaffneten Demonstranten“.
Der Gefangene aus Marseille hat offenkundig die ganze Zeit versucht,
sich für jemand anderen auszugeben. Höchstwahrscheinlich handelt es sich
bei diesem Pseudo-Salafiten um einen eigens abgestellten militärischen
Ausbilder. Wäre er militärisch unbedarft, wie er angibt, hätte man
diesen älteren Mann wohl schwerlich mit zu einem Vorstoß ins syrische
Territorium mitgenommen, sondern hätte ihn – als Bürde – im FSA-Lager
auf türkischer Seite gelassen. Die Franzosen kann eigentlich das
Schicksal ihrer 16 Offiziere (einschließlich eines Oberst des
Nachrichtendienstes), welche im März bei der Befreiung des Stadtteils
Baba Amr in Homs festgesetzt wurden, schwerlich kalt lassen. Es steht
außer Zweifel, dass es momentan in Syrien eine Anzahl französischer
Instrukteure und Spitzel gibt.
Auf alle meine Frage hat der Gefangene aus Marseille nach dem bekannten
Prinzip geantwortet: Eingeständnis bedeutet sicheren Knast. An die Namen
der anderen französischen Salafiten, von denen er sprach, könne er sich
nicht erinnern. Mit den bewaffneten Rebellen habe er ausschließlich
über das Internet kommuniziert. Einen ständigen Arbeitsplatz oder andere
Bürgen in Marseille habe er nicht. Es sieht also so aus, als könne man
in Frankreich 30 Jahre lang nirgends offiziell arbeiten, dabei eine
Familie mit 6 Kindern ernähren und sich mit Gelegenheitsjobs und
Sozialhilfe durchschlagen. Außer seiner Frau und seinen 6 Kindern kenne
er in Marseille angeblich niemanden. Sehen Sie, er gibt sich als
überzeugter Salafit aus und hat dabei Mühe, den Koran zu lesen. Und das
soll ein Franzose arabischer Abstammung sein. Für wie glaubwürdig kann
man das halten?
Marat Musin: Wie heißen Sie?
Gefangener: Mein Name ist Dschamal Amer Hudud. Ich bin am 27.
Dezember 1963 in Algerien geboren, in der Stadt Blida. Ich kam mit 19
Jahren nach Frankreich. Bin verheiratet, habe sechs Kinder. Der älteste
Sohn ist 22, der jüngste 4. Zurzeit beziehe ich als Arbeitsloser 2.000
Euro Sozialhilfe.
Ich habe verschiedene Jobs gehabt. Manchmal habe ich in Hotels
ausgeholfen, manchmal gehandelt oder mich mit Innendekor beschäftigt.
Ich bin Moslem, Salafit, aber weltoffen und kein Radikaler.
Auf den Fernsehsendern Al-Dschasira und Al-Arabiya sah ich, was in
Syrien vor sich geht. Ich sah die Demonstrationen, ich sah die
Ungerechtigkeit der Staatsmacht und umgekommene Kinder. Das berührte
mich, so dass ich fortwährend Tränen um das syrische Volk vergoss. Da
beschloss ich, zum Dschihad zu gehen, um des syrischen Volkes willen.
Ich kam in die Türkei. Dort gelangte ich ins Dorf Yayladagi, wo es
Flüchtlingslager für Flüchtlinge aus Syrien gibt. Dort kam ich in
Kontakt mit Syrern.
Sie haben mir geraten, nach Frankreich zurückzugehen, doch ich habe
entgegnet: Nein, ich bleibe hier mit euch. Sie sagten, sie hätten keine
Waffen und keine Munition. Ich antwortete, dass ich trotzdem bei ihnen
bleiben wolle. Mit der Zeit änderte sich die Lage und schon drei Monate
später lief ich über die Bergpfade – ich trainierte.
MM: Wo haben Sie Ihre militärische Ausbildung bekommen?
Gefangener: Ich habe mit einem Maschinengewehr und einem Infanteriegewehr geschossen. (Seltsame Antwort auf die Frage. – MM.)
Ich habe verschiedene Bekanntschaften geschlossen: mit Aba-Mouauiya,
Abu-Ahmad, Zakarya, Ibrahim, Abal Batul und mit ein paar anderen. Mit
vier jungen Leuten haben wir immer zusammen trainiert – sind zusammen
gelaufen. Wir kamen in ein Dorf an der syrischen Grenze; dieses Dorf
nennt sich Nashin. Wir erklommen die Berge und sahen Richtung Syrien.
Damals haben wir Jagdwaffen benutzt.
15 Tage später gingen wir in das Dorf, wo wir noch eine andere Gruppe
trafen. Man gab uns Waffen, und wir sind 2 Tage dort geblieben. Ich
bekam eine AK-47.
MM: Gab es dort Leute anderer Nationalitäten?
Gefangener: Ja, es gab Scheichs und Imame von Moscheen in Jemen und in Libyen. Ein Libyer versorgte uns mit Geld.
MM: Wie sind Sie in die Türkei gelangt?
Gefangener: Ich bin auf eigene Faust dorthin gekommen.
MM: Mit wem hatten Sie denn in Frankreich Kontakt? Wie kam es, dass sie Salafit geworden sind?
Gefangener: Ich war schon immer Salafit, gehöre zum Jamaat-i
Tabligh wa Dawah. Unsere geistlichen Führer leben in Indien. Ich rufe
nicht zum Dschihad auf. Ich rufe zur Annahme des Islam auf. Ich habe
mich mit Journalisten getroffen – einer war aus Dänemark, ein anderer
aus Österreich. Der Österreicher hat mir einige Fragen gestellt, die ich
ihm beantwortet habe. Ich habe ihm gesagt, dass ich nach Syrien
gekommen sei, um im Dschihad gegen die Regierung zu kämpfen. Er hat ein
paar Fotos von mir gemacht und ist verschwunden.
MM: Gab es da auch Journalisten von Al-Dschasira und Al-Arabiya?
Gefangener: Ja, diese kamen auch, sowohl von Al-Dschasira, als
auch von Al-Arabiya. Sie haben einige Interviews mit Leuten aus dem
Lager aufgezeichnet. Danach bauten sie dort eine Kamera auf, die
automatisch von früh bis spät filmte. Ich habe mit ihnen aber nicht
geredet. Wir sind über die syrische Grenze gegangen und haben uns
bewaffnet. Es stieß noch eine weitere Gruppe zu uns, aber von der weiß
ich gar nichts.
Wie liefen die ganze Nacht, und als wir an ein Feld kamen, blieben wir
dort und warteten, bis uns ein Laster abholte. Darin fand unsere ganze
Gruppe Platz. Wir waren 15 Leute. Wir fuhren in irgendein syrisches Dorf
in der Gegend von Al-Haffah, doch an dessen Namen kann ich mich nicht
erinnern.
Es gab dort auch noch weitere Gruppen. Wir wuschen uns und unsere
Kleidung und ruhten aus. Reinigten die Waffen. Dort habe ich dreimal auf
Steine geschossen. Wir sind in dem Haus um die 2-3 Tage geblieben und
dann in ein anderes Haus umgezogen. Mitunter sahen wir Flugzeuge am
Himmel, in solchen Fällen versteckten wir uns unter großen Bäumen, damit
sie uns nicht bemerkten. Im diesem ersten Dorf blieben wir 5-6 Tage,
danach gingen wir in ein anderes. Ich habe 10 Tage lang keinerlei
Kampfhandlungen bemerkt, keine Ungerechtigkeiten gesehen. Ich sah nur
die Flugzeuge, die uns beobachteten. Ich beschloss also, in die Türkei
zurückzukehren, traf mich mit dem Anführer unserer Gruppe und gab ihm
meine Waffe zurück, nahm meine Sachen und ging davon. Ich kam dann in
irgendein Dorf, wo ich auch festgenommen wurde. Ich schwöre bei Gott,
dass ich keine Waffe bei mir hatte.
MM: Ist es Ihr Wunsch, dass in Frankreich ein islamisches Kalifat gegründet wird?
Gefangener: Als ein Mensch, der den Islam liebt und als Moslem
wünsche ich, dass das Banner des Islam in allen Ländern der Erde wehte.
Ganz besonders in Europa und in Frankreich. Inschallah.
MM: Mal angenommen, am 1. August wird in Frankreich ein isalmisches Kalifat proklamiert. Würden Sie das unterstützen?
Gefangener: Das wäre unmöglich, denn es ist noch zu früh dafür.
Aber früher oder später wird das alles kommen. Wenn man zum Islam
aufruft, so braucht man Zeit. Es ist unmöglich, jetzt gleich ein
islamisches Kalifat in Frankreich zu proklamieren, doch früher oder
später ist es soweit, und ich wünsche mir das.
MM: Wollen Sie noch ein paar Worte ans französische oder algerische Volk richten?
Gefangener: Das, was ihr auf den Bildschirmen bei Al-Dschasira
und Al-Arabiya seht – glaubt es nicht, was man euch dort zeigt. Glaubt
dem, was ihr selbst seht und hört."
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