Diese Attacken waren allerdings offenbar untereinander koordiniert und
erweckten den Anschein einer geplanten Operation mit einem gemeinsamen
taktischen Ziel. Dabei ist hervorzuheben, dass nicht nur die Einheiten
der FSA, sondern gleichfalls ausländische Söldnerbanden und
islamistische Trupps daran beteiligt waren, was relativ deutlich davon
zeugt, dass die scheinbar so verschieden gebürsteten Militias, die in
Syrien unter je ihrer eigenen Flagge Terror verbreiten, ein zentrales
Kommando haben und zumindest in solchen Episoden auf selbiges hören. Es
war von den vorher durch PR so hochgepeppelten Deserteurenhelden wie
etwa General al-Sheikh und Major Asaad, die formal als das Oberkommando
des “bewaffneten Arms der Opposition” (FSA und “Militärrat”) gelten,
nichts zu hören - es sieht so aus, als stünden andere Leute und
Strukturen hinter dieser Operation.
Diverse Agenturen meldeten beispielsweise die Abwehr eines Angriffs auf
einen Luftwaffenstützpunkt nördlich von Aleppo. Dieser Stützpunkt ist
einer von den beiden Hubschrauberstützpunkten (der zweite befindet sich
in der Gegend von Idleb), von dem aus die syrischen Streitkräfte
Hubschrauberangriffe gegen die Banden in Aleppo fliegen und Jagd auf die
sich im offenen Gelände bewegenden Rebellen machen.
Die Lufthoheit gestattet es der Armee, die Versorgung der in der Stadt
blockierten Rebellen maximal zu erschweren. Da diese keine Möglichkeit
haben, sich geordnet aus der Stadt zurückzuziehen, ist es nur logisch,
dass sie sich auf kurze, die Armee irritierende Angriffe auf deren
Positionen verlagern und lange nicht mehr von ihrem einstmaligen Ziel
sprechen, die (eine) Stadt oder eine bestimmte Provinz unter ihre
Kontrolle zu bringen. Vesti.Ru publizierte das Statement eines Rebellen-Feldkommandeurs, welches darauf schließen lässt, dass die Rebellenbanden auf Zeit spielen:
Wenn es uns gelingt, unsere Positionen zu halten und von dort aus Angriffe zu starten, so wird das Assad-Regime sowohl an der internationalen, wie auch an der regionalen und lokalen Front Verluste erleiden, während sich die Positionen unserer Kämpfer festigen. Das gibt uns die Chance, uns neu zu bewaffnen und personell aufzustocken.
Die Ziele haben sich also gewandelt. Es geht um’s Überleben - eine
Taktik, welche einen Sieg, wie er beim Angriff auf Aleppo proklamiert
wurde (“Das Ende des Ramadan begehen wir in Damaskus!” usw.). gar nicht
mehr vorsieht.
Weiteren Meldungen zufolge
haben die Rebellenkämpfer eine syrische Luftabwehrstellung in “Abu
Kamal” (Al Bukamal?) eingenommen. Dabei “haben sie nach eigenen Angaben
eine nicht näher genannte Zahl von Luftabwehrraketen des Typs Cobra
erbeutet.” Es ist jetzt erst einmal unklar, was das für eine LAR vom Typ
“Cobra” sein soll - unter diesem Namen ist nur eine alte
Panzerabwehrrakete aus den 1950’er Jahren bekannt. Die Russen sprechen in der selben Episode von der Erbeutung von tragbaren russischen Luftabwehrraketen des Typs “Strela”. (Update: Diese Unstimmigkeit scheint auch schon anderen aufgefallen zu sein. Hier eine Diskussion dazu.)
Es wäre logisch, in einer Stellung der Luftabwehr Startrampen und
rampenbasierte Luftabwehrrakten (z.B. S-200) vorzufinden, allerdings ist
davon seltsamerweise nicht die Rede. Der Akzent der Meldung (noch
deutlicher in russischen Quellen, in denen von “Strela” die Rede ist)
liegt eher darauf, dass diese erbeuteten Luftabwehrraketen eben zu denen
des tragbaren Typs (MANPADS) gehören.
Nun eine gute Frage: wozu sollte es in einer Basis der Luftabwehr ein
Arsenal an tragbaren LAR geben? Vielleicht sollte man für den Fall, dass
die S-200 ihr Ziel verfehlt, dafür gerüstet sein, dem feindlichen
Flugobjekt hinterherzurennen und ihm eine “Strela” (Cobra?)
überzubraten? Wofür sollte es in einem Stützpunkt der Luftabwehr eine
Menge an Waffen geben, mit denen ganz andere Streitkräfte operieren?
Wenn man das so liest, erscheint es schon seltsam genug, dass die
Rebellen dort nicht auch “chemische Waffen” erbeutet haben.
Diese beiden Unstimmigkeiten (Typ “Cobra” und ein Arsenal MANPADS in
einem Luftabwehrstützpunkt) lassen eher den Gedanken aufkommen, dass es
keinerlei Eroberung von Luftabwehrstellungen gegeben hat - dabei kann es
freilich immer noch sein, dass die Rebellen irgendetwas
angegriffen haben. Doch unter dem Vorwand der Meldung von erbeuteten
MANPADS kann dieser Typ Waffen jetzt quasi “legal” an die Rebellen
geliefert werden. Dieselben Rohre werden dann zwar tatsächlich z.B.
libyschen Ursprungs sein, aber die Nachricht ist raus - die Rebellen
haben sie. Damit dürften sie demnächst auch vermehrt eingesetzt werden.
Fazit. Das Kommando über die
derzeitigen Operationen der scheinbar so völlig verschiedenen
bewaffneten Rebelleneinheiten ist vermutlich, zumindest episodenweise,
in den Händen von türkischen oder NATO-Strukturen. Das würde das
bisherige Schweigen des FSA-Kommandos und des Militärrats, die
Professionalität und Effizienz der an sich recht schwierigen, hier aber
gut miteinander koordinierten Operationen erklären.
Zweifellos soll versucht werden, die Lufthoheit der syrischen
Streitkräfte in Frage zu stellen. Die vergeblichen Versuche der
Errichtung von Flugverbotszonen lassen Versorgung und Nachschub für die
Rebellen zu einem fast unmöglichen Unterfangen werden. Mit einer vor den
Augen der “Weltöffentlichkeit” plausiblen Herkunft von MANPAD-Systemen
kann man nun ohne Weiteres das daran reichhaltige libysche Arsenal in
Syrien entladen."
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