Die islamistische Szene in Deutschland kennt derzeit nur ein Thema: Syrien. Wie kaum eine andere Region zieht das Bürgerkriegsland
am Mittelmeer derzeit radikale Islamisten aus aller Welt magnetisch an.
Mehr als tausend Dschihadisten aus Europa sollen inzwischen auf Seiten
der Rebellengruppen gegen das Assad-Regime kämpfen. Unter ihnen mindestens 200 Islamisten aus Deutschland.
Die
Sicherheitsbehörden sind aufgrund dieser Entwicklung seit Monaten
alarmiert. Woche für Woche reisen junge Muslime aus Deutschland nach
Syrien. Die meisten von ihnen sind deutsche Staatsbürger, einige sogar
noch minderjährig. So wie "Enes".
Der 16-jährige
Deutsch-Türke aus Frankfurt am Main soll erst vor wenigen Tagen in dem
Bürgerkriegsland angekommen sein. Und er ist offenbar schon tot. Im
Internet feiern ihn seine Glaubensbrüder als "Märtyrer".
Fotos zeigen seinen Leichnam
"Enes erreichte
Aleppo erst vor drei Tagen und ist schon ein Shahid (Märtyrer)", heißt
es in einem Internet-Eintrag zum Tod des Frankfurters. Fotoaufnahmen,
die der "Welt" vorliegen, zeigen den Leichnam des jungen Mannes und
blutverschmierte Kleidung. Und dann gibt es da noch eine Fotocollage,
die offenbar Kampfgefährten des Getöteten ins Internet gestellt haben.
Darauf zu sehen: ein junger Mann mit Kalaschnikow-Sturmgewehr in der
Hand.
Deutsche
Sicherheitsbehörden prüfen derzeit noch die Echtheit der Todesmeldung
und der Fotoaufnahmen. Sie gehen Hinweisen nach, dass es sich bei "Enes"
um einen von mehreren minderjährigen Islamisten handelt, die vor
wenigen Wochen aus Hessen ausgereist sind. Bestätigt ist dies aber
bislang nicht.
Während einige
Islamisten im Internet den Märtyrertod des Jungen aus Deutschland
feiern, äußern einige auch Kritik. "Ein 16 jähriger hat nichts in Syrien
verloren", heißt es in einem Interneteintrag zum Tod von "Enes". "Guckt
mal wie es den Jungen seinen Eltern geht."
Islamisten rekrutieren unter Jugendlichen
Hessens
Innenminister Boris Rhein (CDU) hatte auf der Innenministerkonferenz
(IMK) am 5. Dezember ein bundesweites Frühwarnsystem gefordert, um zu
verhindern, dass sich junge Muslime weiter radikalisieren und womöglich
noch mehr Minderjährige nach Syrien ausreisen.
Eine Studie im
Auftrag des hessischen Innenministeriums kam zu dem Ergebnis, dass sich
unter den 23 Fällen von hessischen Islamisten, die in den syrischen
Dschihad gezogen waren, auch neun Schüler befanden. Die islamistischen
Rekrutierungsbemühungen zielten zunehmend auf Minderjährige, so Rhein.
Daher sei es notwendig die Präventionsarbeit zu verstärken und
bundesweit zu vernetzen.
"Die Anwerbung
von Schülern durch radikale Salafisten macht nicht an den hessischen
Landesgrenzen halt", sagte Rhein im Vorfeld der Innenministerkonferenz.
"Ein solches bundesweites Präventionsnetzwerk sollte einerseits zu einer
verbesserten Beratung von Angehörigen, Lehrern, Freunden oder
Arbeitgebern führen." Andererseits solle das Netzwerk auch zu einer
verbesserten Intervention beitragen, beispielsweise bei kampferprobten
Syrien-Rückkehrern. Für "Enes" auf Frankfurt kommt dieses Projekt wohl
zu spät."
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