"Für die Christen in Syrien war das Weihnachtsfest in diesem Jahr von
Angst und Gewalt überschattet. In vielen Landesteilen fehlt den Menschen
das Lebensnotwendige, immer wieder kommt es zur Gewalt, die
Zivilbevölkerung lebt in Angst und Schrecken. Franziskanerpater Ibrahim
Sabah berichtete in einem Interview mit "Radio Vatikan" über die
aktuelle Lage im Land: "Den Menschen fehlt es an Brot, sie leiden Hunger
und haben kaum Strom - der fällt an einigen Orten für 18 Stunden am Tag
aus. Es gibt viele Familien ohne eine einzige Gasflasche, sie können
nicht einmal kochen" Die Christen litten besonders unter den Kämpfen, so
Sabah.
Die Franziskaner in Syrien, die mit ihren Mitbrüdern
in Jordanien, im Libanon und auf Zypern zur Kustodie des Heiligen Landes
gehören, haben dem Land trotz der Wirren nicht den Rücken gekehrt. Auf
Grund der unsicheren Lage wurden die Weihnachtsfeierlichkeiten in diesem
Jahr teilweise vorgezogen. So habe man tagsüber gefeiert, um bei
Anbruch der Dunkelheit wieder zu Hause zu sein. Doch auch angesichts
dieser Situation ließen sich die Ordensleute "nicht entmutigen", so der
Franziskaner.
Volle Kirchen am Heiligen Abend
In
Damaskus gab es keine Mitternachtsmessen. Aus Sicherheitsgründen wurden
die Gottesdienste des Heiligen Abends bereits spätestens um 18 Uhr
gefeiert. Die Kirchen waren aber voll. Während in früheren Jahren die
christlichen Viertel im Stadtzentrum zu Weihnachten reich geschmückt
waren, beschränkte sich die Dekoration heuer auf eine Weihnachtskrippe.
Kirchgänger erinnerten im Gespräch mit internationalen
Nachrichtenagenturen daran, dass Weihnachten früher gerade in Damaskus
ein "üppiges, fröhliches Fest" war, heuer sei alles sehr traurig
gewesen: "Wir können nicht feiern, wenn überall im Land der Tod so nah
ist. Aber wir beten, damit die Krise überwunden wird".
Christliche
syrische Flüchtlinge im Libanon berichteten, dass manche in der Heimat
verbliebenen Angehörigen heuer keinen Christbaum in ihren Wohnungen
aufzustellen wagten - aus Furcht, dass damit ihre Religionszugehörigkeit
bei allfälligen "Besuchen" von Rebellen allzu offensichtlich sein
könnte.
Christen werden zu "kollateralen" Opfern
Erst
in diesen Tagen gerieten zwei christliche Kleinstädte in der Provinz
Hama - Mahrada and Sqailbiyeh - ins Visier der Konfliktparteien. Die
"Ansar"-Brigadisten aus Hama unter dem Kommando eines gewissen Rashid
Abul Fidaa stellten den Bewohnern ein Ultimatum: Entweder müssten sie
selbst dafür sorgen, dass die Regierungssoldaten aus den beiden
Kleinstädten "verschwinden" oder Mahrada und Sqailbiyeh würden von den
"Ansaris" angegriffen.
Die internationale "Organisation für
Islamische Zusammenarbeit" (OIC) hat die Drohungen des
"Ansar"-Kommandanten gegen die Bewohner jedoch sogleich scharf
verurteilt. Bei den "Ansaris" handle es sich um "aus dem Ausland
gesteuerte" Kämpfer, Drohungen wie die von Rashid Abul Fidaa seien ein
Widerspruch zu den Vorschriften des Islam, der "zu Toleranz,
Brüderlichkeit und Frieden" aufrufe. Es bestehe die Gefahr, dass die
Militanten aus 29 Ländern, die mittlerweile in Syrien eingesickert
seien, das Land in einen konfessionellen Konflikt verstricken.
Bereits
am 13. Dezember hatte die Nachrichtenagentur "Fides" von einer
ähnlichen Entwicklung im Wadi an-Nasara berichtet. In diesem "Tal der
Christen" leben rund 150.000 - zumeist griechisch-orthodoxe - Christen
in 40 Kleinstädten und Dörfern. In den vergangenen Monaten haben
außerdem zehntausende Binnenflüchtlinge aus Homs und anderen Städten
dort Zuflucht gesucht. Seit Wochen ist das Tal Zielscheibe
islamistischer Milizen, die sich in der Kreuzritterburg "Crac des
Chevaliers" eingenistet haben. Sie schießen von dem Hügel, auf dem sich
die Burg befindet, auf die Dörfer im Tal und die Straßensperren der
syrischen Armee.
Christliche Zivilisten gelten bei diesem
Machtkampf als "kollaterale" Opfer. So starben bei einem Angriff auf das
Dorf Howache drei junge christliche Familienväter, viele Zivilisten
wurden verletzt. "Christen sind leicht angreifbar und wollen neutral
bleiben", berichtete ein Priester aus dem Wadi an-Nasara im Gespräch mit
"Fides": "Doch heute wird unser Tal von der Gewalt und der Instabilität
heimgesucht. Dies führt dazu, dass viele orientierungslos und
verängstigt sind. Die Gewalt überdeckt und vernichtet alles: es gelingt
uns nicht mehr, Instrumente des Dialogs und des Zusammenhalts zu sein,
wie wir es gerne sein würden". Die Christen würden um Respekt für "ihre
Neutralität, ihren Glauben und ihre Identität" bitten, denn "wir wollen
nur ein Faktor der Versöhnung sein"."
Quelle: http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/51579.html
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