Mittwoch, 25. Januar 2012

Uwe Pagels (BR) im Gespräch mit Günter Meyer, Orientexperte von der Universität Mainz:


U.P.: „Herr Meyer, würden Sie sagen, „Mission impossible“ für die Beobachter in Syrien?“
G.M.: „Nein, auf keinen Fall. Das, was hier von den Oppositionellen immer wieder hervorgehoben wird, die Mission ist gescheitert – ganz das Gegenteil ist der Fall. Die Mission hat dazu beigetragen, dass die Zahl der Toten deutlich zurück gegangen ist, die Mission konnte auch feststellen, dass sehr viele Gefangene in der Zwischenzeit freigelassen worden sind und die Mission konnte ebenfalls feststellen, dass das, was von den Oppositionellen, gerade auch von westlichen Medien immer wieder hervorgehoben wird, dass einzig und allein es sich darum handelt, dass eine repressive Herrschaft der Alaviten friedliche Demonstranten niederschießt, überhaupt nicht stimmt. Es ist ganz offensichtlich, dass wir es mit einer bewaffneten, terroristischen Organisation zu tun haben, die für einen sehr großen Teil der Toten ebenfalls im Lande verantwortlich ist. Das ist also auch in dieser Situation herausgekommen. Das heißt, wir haben eine klare Anti-Sichtweise gegen das Regime, eine Sichtweise, die massiv gestärkt wird durch die Interessen insbesondere der USA, aber auch durch die westlichen Verbündeten England, Frankreich, nicht zuletzt auch Deutschland. Es geht in erster Linie darum, die Achse Iran-Syrien-Hisbollah auszuschalten. Wenn man Syrien ausschaltet, bedeutet es, dass keine Waffen mehr aus dem Iran über Syrien an die Hisbollah geliefert werden können und dann gegen Israel eingesetzt werden können.“
U.P.: „Aber Herr Meyer, wie Sie das beschreiben, das klingt ja fast wie eine westliche Verschwörung gegen Syrien. Ist Assad womöglich doch der Gute?“
G.M.: „Auf keinen Fall. Es ist ganz offensichtlich, dass er ein repressives Regime hat, dass er v.a. zu Beginn der Demonstrationen völlig überzogen und gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen ist. Nur, innerhalb kürzester Zeit hat sich dieser regional begrenzte Konflikt in einen globalen Konflikt ausgeweitet, wo nicht nur die westlichen Mächte ihr Interesse haben, sondern wo ganz genau auch die arabischen Staaten – allen voran Qatar und Saudi Arabien – ihr Interesse haben, um auf diese Art und Weise eine Schwächung des Iran ebenfalls erreichen zu können. Das heißt, wir haben es nicht mehr mit einem isolierten Konflikt zu tun, sondern wir haben es mit einem massiven Eingreifen von außen zu tun. Nicht zuletzt Berichte darüber, dass etwa 600 Mudschaheddin aus Libyen eingeflogen sind, initiiert vom CIA, CIA-Beamte, Geheimdienstbeamte, Frankreich und Großbrittanien genauso, bilden Oppositionelle aus, rüsten sie aus in der Nähe von Iskanderia, nahe der syrischen Grenze, rüsten sie aus mit den Waffen, die aus den Arsenalen von Gadafi herüber gebracht werden, um hier einen Bürgerkrieg zu initiieren, um das Land insgesamt zu schwächen.“
U.P.: „Das heißt also, die syrische Bevölkerung, die jetzt auf keiner der beiden Seiten steht, die wird zerrieben.“
G.M.: „Was bei uns NICHT in den Medien genannt wird, ist z.B. die Tatsache, dass Assad nach wie vor die Mehrheit des syrischen Volkes hinter sich hat. Diese Untersuchung ist ausgerechnet von Qatar durchgeführt worden, von der Qatar-Stiftung, wo klar gezeigt worden ist, dass 55% der syrischen Bevölkerung NICHT die Ablösung von Assad wünschen. DAS wird bei uns in den Medien überhaupt nicht dargestellt.“
U.P.: „Unterm Strich, Herr Meyer, ganz kurz noch: Glauben Sie, dass Assad mit seinem Gewaltregime letzlich durchkommt?“
G.M.: „Er wird auf jeden Fall noch etliche Monate an der Macht bleiben. Viel wird davon abhängen, in welchem Maße ausländische Kräfte im Land intervenieren und dadurch die Situation noch wesentlich verschärfen – und zwar nicht nur begrenzt auf Syrien, sondern auf die gesamte Region.“ 

Quelle:  http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=9305218

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