Montag, 10. Dezember 2012

Gefangene als Zwangs-Dschihadisten in Syrien - Kriegsverbrechen der Syriengegner Saudi-Arabien und Türkei

"Dr. Christof Lehmann von NSNBC veröffentlicht ein Dokument aus Saudi-Arabien, das eine Quelle für in Syrien operierende Terroristen offenlegt. Da die Meldung kurz darauf auch bei SANA erschien, gibt es keinen Grund, dem deutschsprachigen Publikum diese Angelegenheit noch weiter vorzuenthalten.

Saudi-Arabien: Gefangene als Zwangs-Dschihadisten in Syrien

Ein Geheimdokument aus Saudi-Arabien belegt, dass die saudische Regierung ihre gefährlichsten inhaftierten Verbrecher, speziell zum Tode verurteilte, unter der Bedingung freispricht, dass sie beim Umsturzversuch in Syrien mitwirken. Dieses Vorgehen stellt ein schweres Kriegsverbrechen dar. Unlängst wurde der Press-TV- und Al-Alam-Journalist Maya Naser in Damaskus ermordet, nachdem er damit begonnen hatte, ein analoges, von türkischen Behörden begangenes Verbrechen zu untersuchen.
Das Geheimdokument zeigt, dass die Behörden in Saudi-Arabien die Entlassung einer Reihe der gefährlichsten, zum Tode verurteilten Kriminellen angeordnet haben, welche im Austausch dafür in Syrien kämpfen mussten. Bevor sie nach Syrien verbracht wurden, hatten sie sich einem Training in unkonventioneller Kriegführung, terroristischer Aktivität und dem, was man euphemistisch als “Dschihad” bezeichnet, zu unterziehen. Die Gruppe der Verurteilten besteht aus 105 Jemeniten, 21 Palästinensern, 212 Saudis, 96 Sudanesen, 254 Syrern, 82 Jordaniern, 68 Somalis, 32 Afghanen, 194 Ägyptern, 203 Pakistanis, 23 Irakis und 44 Kuwaitis. Es ist anzunehmen, dass diese Gruppe nicht die einzige solche ist, welche von Saudi-Arabien aus nach Syrien geschickt wurde.
Die Entlassung von zum Tode Verurteilten durch Saudi-Arabien ist ein eklatanter Verstoß gegen die Genfer Konvention, die unter anderem die Rechte von gefangen genommenen Zivilsten und Armeeangehörigen in Kriegszeiten regelt. Ihre Verbringung nach Syrien stellt schätzungsweise eine Nötigung von Gefangenen dar und könnte dazu führen, dass die saudische Regierung sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag dazu verantworten müssen wird.
Nach dem Trainingsleitfaden TC 18-01 der US Special Forces wird das US-Militär sich in absehbarer Zeit vorwiegend in “irregulärer Kriegführung” engagieren (1). Nach den auf dem 25. NATO-Gipfel angenommenen Grundsätzen, in denen der illegale Krieg gegen Libyen als “lehrreich” und “Modell für künftige militärische Interventionen” beschrieben wird, festigt sich diese Tendenz noch weiter (2). Damit kann es nicht überraschen, dass Saudi-Arabien nicht das einzige Land der Anti-Syrien-Koalition ist, das verurteilte Kriminelle in den Kampf schickt. Im September 2012 wurde der Press-TV- und Al-Alam-Journalist Maya Naser in Damaskus von einem Scharfschützen ermordet, als er gerade vom Ort eines doppelten Terroranschlags berichtete. Vertrauenswürdigen Quellen zufolge haben sich die Scharfschützen zwei Stunden vor dem Anschlag in Stellung gebracht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Abzielen auf Maya Naser und der Anschlag nicht nur zufällig zusammengefallen sind. In der Woche vor seiner Ermordung untersuchte Maya Naser die gewaltsame “Verwendung” von Gefangenen durch die Türkei. Naser begann seine Untersuchungen, nachdem bekannt wurde, dass viele von den in Syrien erschossenen oder gefangen genommenen Aufständischen verurteilte Verbrecher waren, die - ihren Gerichtsurteilen zufolge - sich eigentlich in türkischen Gefängnissen befinden müssten (3). Naser besaß entsprechende Ausweiskopien, welche seine Behauptung stützten.
Einige der erschossenen oder gefangenen türkischen Kriminellen hatten Verbindungen zu Organisationen, die Al-Kaida nahestehen. Ein herausragender unter diesen kriminellen Aufständischen war der Bruder des Anführers der Tätergruppe, welche 2003 einen Anschlag auf die HSBC-Bank in Istanbul verübt hatte. Bei diesem Anschlag von 2003 wurden 67 Menschen getötet und mehr als 700 verletzt. Das Dokument aus Saudi-Arabien nun zeigt, dass der Einsatz von Gefangenen durch Saudi-Arabien und die Türkei Teil der GCC-NATO-Strategie ist, anstatt nur ein Einzelfall zu sein.
Die durch Maya Naser gesammelten Beweise sowie das jetzige Dokument aus Saudi-Arabien rechtfertigen eine Untersuchung und eine Anklage der Türkei und Saudi-Arabiens sowie auch der NATO vor dem Internationalen Strafgerichtshof.
Ob auch nur eines dieser Kriegsverbrechen tatsächlich untersucht wird und zur Anklage kommt, ist mehr als fraglich. Einerseits scheint es unwahrscheinlich, dass eines der westlichen Länder eine Untersuchung oder eine Anklage fordern wird. Andererseits lassen sich sowohl Russland als auch China höchstwahrscheinlich von den ohnehin schon angespannten bilateralen und multilateralen Beziehungen mit den USA, Großbritannien und Frankreich leiten. Der Iran, der derzeit den Vorsitz unter den blockfreien Staaten innehat, befindet sich unter anhaltendem Druck von Seiten der USA, Kanadas, der EU und seiner arabischen Nachbarn in der Golfregion. Die Regierung in Teheran wird es sich zweimal überlegen, bevor sie das Risiko einer weiteren Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen zum Westen eingeht.
Mit anderen Worten wird der eklatante Verstoß der Türkei, Saudi-Arabiens und der NATO gegen die Genfer Konvention, ihr zwangsweiser Einsatz von Häftlingen und somit ihr staatlich geförderter Terrorismus kaum vor das Haager Tribunal kommen, das - ganz im Gegensatz zu diesem Ansinnen - noch bis zehn Jahre nach dem Römischen Statut ausschliesslich Staatsoberhäupter und Funktionäre angeklagt, inhaftiert und verurteilt hat, die es gewagt haben, sich der Hegemonie der USA, der EU und der NATO zu widersetzen.
Falls dieses Dokument es jemals in die westlichen Mainstream-Medien schaffen sollte - was man zurecht bezweifeln kann -, könnte es auch einen nur halbherzigen Skandal provozieren, indem es dazu genutzt wird, die eine oder andere Partei zum Sündenbock zu machen, um damit die Verbrechen der jeweils anderen Partei zu kaschieren. Es wird damit wohl schwerlich zu einer Untersuchung, einer Anklage oder einem Einhalten des staatlich gestützten Terrorismus und des gewaltsamen Einsatzes von Häftlingen führen.
Christof Lehmann
10.12.2012

 
 
 
 

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