Der Artikel bei NR2 titelt “Syrien. Krieg gegen die terroristische
Internationale” (wird hier leicht gekürzt übersetzt). Musin selbst hat
in Vorlesungen den Begriff “Wahhibitischer Komintern” geprägt, den man
hier später auch noch einmal erläutern kann. Weiter unten im Text noch
ein ANNA-News-Mitschnitt von Kampfhandlungen am 16.12.2012 in Daraja.
NR: Dmitrij, welches waren die ersten Eindrücke von dem, was Sie in Syrien gesehen haben?
Dmitrij Jerschow: Gleich nach der Ankunft in Damaskus fiel auf,
dass es keinerlei Panik gibt. Es gibt am Flughafen nicht etwa
Menschenmengen mit ihrem Hab und Gut, die ganz dringend abreisen wollen.
Ganz im Gegenteil, die Atmosphäre im Flughafen von Damaskus ist
vollkommen ruhig und unterscheidet sich nicht z.B. von der im Moskauer
Flughafen Wnukowo. Um den Flughafen herum und entlang der 30 Kilometer
langen Straße nach Damaskus gibt es Checkpoints der Armee. Aber es sind
viele Fahrzeuge unterwegs. Es fiel nur auf, dass sie alle recht schnell
unterwegs waren. Diese Magistrale ist also nicht etwa durch die
Terroristen abgeschnitten, auch wenn es, wie unser syrischer Begleiter
sagte, in der letzten Zeit einige erfolglose Versuche dazu gegeben hat.
NR: Wie gravierend sind die Zerstörungen in Damaskus und in
anderen Städten? Arbeiten die Läden in Damaskus? Wie steht es mit der
Wasserversorgung, gibt es Mangel an Lebensmitteln? Was ist mit Schulen,
Kindergärten, Banken und anderen sozialen und staatlichen Einrichtungen?
Dmitrij Jerschow: Abgesehen vom Stadtteil Abun, wohin die
Rebellenbanden vor einem halben Jahr erfolglos einzudringen versuchten,
gibt es in Damaskus keinerlei Zerstörungen, abgesehen von den Spuren der
ab und an passierenden Terroranschläge - in Damaskus gibt es keine
Kämpfe. In den syrischen Städten und Dörfern, in denen gekämpft wird,
sind die Zerstörungen hingegen sehr bedeutend. Analog verhält es sich
mit den Läden, Banken, Schulen und anderen Einrichtungen. Wo es unruhig
ist und gekämpft wird, ist der Großteil dieser Einrichtungen
geschlossen. Wo alles ruhig ist, arbeiten die Menschen im gewohnten
Rhythmus.
In Damaskus läuft die Wasserversorgung stabil und es gibt auch keine
Probleme mit Lebensmitteln. Doch die Wirtschaftssanktionen des Westens
und die von ebenda koordinierten, mit den Händen der Islamisten verübten
Anschlägen gegen wirtschaftliche Einrichtungen führten zu
Preissteigerungen von mehr als 50%, was den Lebensstandard einfacher
Syrer natürlich verschlechtert hat.
NR: Gibt es in den Krankenhäusern von Damaskus viele Verwundete?
Dmitrij Jerschow: Es gibt Verwundete, aber es sind
verhältnismäßig wenige. Dabei muss man bemerken, dass hier sowohl
verwundete Soldaten der syrischen Armee und Zivilisten, wie auch
gefangengenommene und verwundete Rebellenkämpfer behandelt werden.
NR: Vor einigen Tagen wurde berichtet, dass die gegen die
Regierung kämpfende Opposition dazu übergehen wird, in Syrien lebende
russische Staatsbürger umzubringen. Wie wurde diese Nachricht in Syrien
selbst aufgenommen, also von den Einwohnern, den russischen Syrern und
den Armeeangehörigen? Gibt es Schutzmaßnahmen für russische Bürger?
Dmitrij Jerschow: Die kämpfende Opposition bringt jeden um, egal
wann und wie. Das sind Unmenschen, die auch Frauen und Kinder umbringen,
nur, um den westlichen Medien entsprechende Bilder zu liefern. Sie
sprengen Busse, beschießen Schulen aus Granatwerfern und begehen viele
andere Niederträchtigkeiten. In Syrien wird das von den normalen
Menschen eindeutig abgelehnt - die Terroristen werden gehaßt. Das muss
auch die übrige Welt einmal verstehen. Was konkret den Mordaufruf gegen
Russen angeht, so ist dieser von Scheich al-Qaradawi, einem der
Ideologen der Salafiten ausgesprochen worden, ebenso vom geistlichen
Führer der Al-Nusra-Front, Scheich al-Arur.
NR: Wie ist die Lage in Syrien insgesamt?
Dmitrij Jerschow: Die Gesamtlage ist verhältnismäßig ruhig. In
Damaskus, wo ich mich gerade befinde, gibt es keinerlei Panik. Die Stadt
lebt ihr gewohntes, gemessenes Leben. Es gibt keine Proteste oder
Kampfhandlungen. Die Terroristen, die nach Damaskus vorzudringen
versuchten, sind in entfernten Vororten blockiert worden, etwa in Daraja
oder Duma, und werden von der syrischen Armee jetzt systematisch
vernichtet. In Daraja laufen derzeit recht angespannte Kämpfe. Ich bin
dort gleich nach meiner Ankunft in Syrien, am Donnerstag, gewesen, am
Freitag habe ich Daraja wieder besucht. Auf den Straßen liegen die
Leichen der dort liquidierten Rebellenkämpfer. Das sind Leute aus dem
Libanon, aus Libyen, Saudi-Arabien, Irak und aller Herren Länder - eine
terroristische Internationale. Wie syrische Armeeangehörige sagten, war
selbst ein Australier unter den Getöteten. Wir fanden dort auch Geld in
den Währungen Saudi-Arabiens und Libyens.
Mitunter gelingt es der syrischen Armee auch, Instrukteure aus
NATO-Ländern zu fangen. Das sind viele Türken, ebenso auch Instrukteure
aus Saudi-Arabien.
Abgesehen von Daraja und Duma ist die Situation in Aleppo und auchin
Harasta weiterhin schwierig. Ich bin bisher nicht dort gewesen und kann
deswegen nicht als Augezeuge der dortigen Vorgänge berichten. Allerdings
kann man zum jetzigen Zeitpunkt sagen, dass die Lage in Syrien sich im
Großen und Ganzen stabilisiert. Die Armee liquidiert die Terroristen in
großen Zahlen, und es hat den Anschein, als gehen dem Katar und
Saudi-Arabien die Mittel aus, diese internationalen Banden weiterhin
ausreichend mit Kanonenfutter und Waffen zu versorgen.
NR: Was meinen Sie sind die wirklichen Gründe für den Konflikt in Syrien? Wem nützt er?
Dmitrij Jerschow: In erster Linie, so glaube ich, muss man sagen,
wem der Konflikt in Syrien nicht nutzt. Das ist das syrische Volk.
Vorteilhaft ist der Konflikt für die, welche sich außerhalb Syriens
befinden. Das sind zuerst die Hauptsponsoren, der Emir des Katar Hamad
bin Chalifa al-Thani und die in Saudi-Arabien herrschende Dynastie der
Saud mit ihrer irrwitzigen Idee der Wiedererrichtung eines arabischen
Kalifats auf Grundlage der radikalen religiösen Lehre des Wahhabismus.
Al-Thani und die Saud bewaffnen und bezahlen Terroristen aus dem
gesamten Nahen Osten, damit sie in Syrien kämpfen. Darin werden sie vom
türkischen Premier Recep Erdoğan unterstützt, der sich mit seiner
eigenen Armee überwarf und durchsetzte, dass die Türkei zum
Schlupfwinkel für Abschaum aus dem ganzen Nahen Osten wurde, das von
dort aus in den Krieg nach Syrien zieht. Ohne al-Thani, ohne die Saud
und Erdoğan gäbe es keinen Konflikt in Syrien. Er wurde von außerhalb
durch Kräfte initiiert, die zum syrischen Volk keinerlei Beziehung
haben."
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