Seit
einigen Tagen steht der türkische Geheimdienstchef Hakan Fidan im
Zentrum einer außenpolitischen Kabale, die einen seltenen Einblick
hinter die Kulissen des Dreiecks USA/Israel/Türkei erlaubt. Es geht
dabei um das Verhalten gegenüber den islamistischen Anti-Assad-Kämpfern
in Syrien und die zunehmend aggressive Rolle, die der türkische
Geheimdienst angeblich im Nahen Osten spielt.
Den Auftakt zu der öffentlichen Kontroverse machte am 10. Oktober das Wall Street Journal.
Das New Yorker Blatt behauptete, der türkische Geheimdienst spiele ein
falsches Spiel in Syrien. Statt im Einklang mit den westlichen
Interessen die moderate, eher säkulare Opposition zu unterstützen, leite
der türkische Geheimdienst Waffentransporte und Nachschub an Kämpfern
über die türkische Grenze zu den radikalen Islamisten der Al-Nusra-Front
und anderen mit al-Qaida liierten Kämpfern in Syrien.
Gut eine Woche später legte die Washington Post
nach. Der Kommentator David Ignatius behauptete, dass Hakan Fidan
Anfang 2012 zehn Informanten des israelischen Mossad im Iran an den
iranischen Geheimdienst verraten habe. Das sei der Grund, warum die
israelische Regierung sich so lange geweigert habe, der Forderung der
türkischen Regierung nachzukommen, sich für die neun getöteten
türkischen Gaza-Aktivisten zu entschuldigen. Diese waren erschossen
worden, als ein Schiff mit Hilfgütern für Gaza die israelische Blockade
durchbrechen wollte.
Beide Blätter beschäftigen sich
ausführlich mit Hakan Fidan als Person, der unter Premier Recep Tayyip
Erdogan zum einflussreichsten zweiten Mann im türkischen Staat geworden
sei und mit dem saudischen Geheimdienstchef Prinz Bandar al-Saud und
seinem iranischen Kollegen Qassem Soleimani im Nahen Osten die Fäden
ziehen würde.
Das Gesicht des neuen Nahen Ostens
„Hakan Fidan ist das Gesicht des neuen Nahen Ostens“, zitiert das Wall Street Journal
den US- Botschafter in Ankara, James Jeffrey, der zudem feststellte,
Fidan habe eine „andere Sicht auf die Dinge als wir“. Spätestens nachdem
die Washington Post zu Hakan Fidan nachgelegt hat, fragt sich
die türkische Presse, was der Hintergrund dieser Kampagne ist. Am
Dienstag dementierte der Sprecher des israelischen Außenministeriums
Jigal Palmor, dass Israel hinter der Kampagne stünde, wie türkische
Regierungskreise lanciert hatten.
Bleiben die unterschiedlichen
Ansichten zu Syrien. Ankara drängt die USA seit mehr als einem Jahr,
stärker in Syrien einzusteigen. Erdogan war enttäuscht, als sich Obama
mit Putin auf die Zerstörung der syrischen Chemiewaffen einigte. Erdogan
will nicht mit Assad verhandeln, sondern ihn stürzen. Dafür ist jedes
Mittel recht, auch die Bewaffnung al-Qaida-naher Gruppen, was die USA
verhindern wollen.
Das Wall Street Journal beruft
sich auf amerikanische Quellen, andere Diplomaten, die mit der
türkischen Regierung zusammenarbeiten, und syrische Oppositionelle. Sie
alle behaupten, Hakan Fidan und sein Geheimdienst MIT würde an der
syrischen Grenze die Waffentransporte dirigieren wie
„Verkehrspolizisten“ und oft dafür sorgen, dass der Nachschub gerade bei
den Hardcore-Islamisten landet, die deshalb große Teile Nordsyriens
kontrollieren würden.
Vor dem Hintergrund, dass im November die
Syrienkonferenz in Genf stattfinden soll, setzt Washington die türkische
Regierung nun öffentlich unter Druck, damit diese die Unterstützung der
Dschihadisten einstellt und auf eine Verhandlungslösung einschwenkt.
Scheinbar ohne Erfolg. Am Dienstag lobte Erdogan Fidan als seinen besten
Mann."
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