"John Robles von der Voice of Russia spricht mit Rick Rozoff, dem
Betreiber der Website Stop NATO, über den drohenden US-Angriff auf
Syrien.
Weltweit verurteilen Staatsmänner, Diplomaten, führende Persönlichkeiten
und Staaten die USA für ihr stures und selbstsüchtiges Ansinnen, einen
(völkerrechtswidrigen) Angriffskrieg gegen Syrien vom Zaun zu brechen
und ein weiteres kleines, fast wehrloses Land mit ihrer weit überlegenen
Militärmaschinerie ebenso zu zerbomben, wie alle anderen Staaten, die
eine unabhängige, eigenständige Politik verfolgen wollen. Rick Rozoff,
der regelmäßig in der Voice of Russia zu Wort kommt, stimmt in den
weltweit wachsenden Chor von Menschen ein, die alle potenziellen
Angreifer auffordern, ihre völlig irre Absicht aufzugeben.
John Robles von der Voice of Russia spricht mit Rick Rozoff, der regelmäßig für diesen russischen Rundfunksender arbeitet und selbst die Website Stop NATO betreibt.
Robles: Hallo, Rick, wie geht es Ihnen?
Rozoff: Ich bin genau so besorgt und verzweifelt wie Sie und
vermutlich die meisten Menschen auf der Welt das auch sind, weil wir
kurz vor einem Abgrund stehen, der sich durch eine verheerende
Militäraktion der USA im Mittleren Osten auftun könnte.
Robles: Ist es möglich, dass diejenigen, die in Washington die Kriegstrommeln schlagen, im letzten Moment noch zur Vernunft kommen?
Rozoff: An Versuchen hat es nicht gefehlt. Heute hat sogar
überraschenderweise Ban Ki-moon, der Generalsekretär der Vereinten
Nationen, den die USA für diese Position ausgesucht haben und der sich
noch nie gegen Washington gestellt hat, die Weltgemeinschaft und die USA
daran erinnert, dass es nur zwei Rechtfertigungen für eine
Militäraktion gegen einen anderen Staat gibt.
Die erste Rechfertigung steht in Artikel 51 der Charta der Vereinten
Nationen: Ein Staat, dem ein unmittelbar bevorstehender Angriff eines
anderen Staates droht, hat das naturgegebene Recht zur individuellen
oder kollektiven Selbstverteidigung ("bis der Sicherheitsrat die zur
Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit
erforderlichen Maßnahmen getroffen hat"). Die zweite Rechtfertigung ist
ein Beschluss des UN-Sicherheitsrates zum Einsatz militärischer Gewalt
(nach Artikel 42, "falls die in Artikel 41 vorgesehenen –
nichtmilitärischen – Maßnahmen sich als unzulänglich erwiesen haben").
(Die UN-Charta ist hier aufzurufen.) Der geplante US-Angriff auf Syrien erfüllt keine der beiden Rechfertigungen. Das ist zuerst zu bedenken.
Auch den zweiten Punkt halte ich für sehr wichtig: Vergangenen Sonntag
hat Papst Franziskus, das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, der
mit 1,2 Milliarden Gläubigen größten Religionsgemeinschaft der Welt, in
seinem Angelusgebet auf dem Petersplatz in Rom zu einem internationalen
Tag des Fastens und des Gebetes für den Frieden in Syrien aufgerufen.
Nach Meldungen von Presseagenturen sagte er: "Nie wieder Krieg! Gewalt
führt niemals zum Frieden. Krieg führt nur zu neuen Kriegen, und Gewalt
führt nur zu neuer Gewalt." Eine solche Erklärung hat bisher noch kein
Oberhaupt der katholischen Kirche abgegeben. (Weitere Informationen dazu
sind auf der Website von Radio Vatikan hier nachzulesen.)
Für Samstag hat er nicht nur alle Katholiken der Welt, sondern auch die
Anhänger der anderen Religionen und sogar die Atheisten zum Gebet und
zum Fasten aufgerufen. Das war der Punkt zwei.
Als Punkt drei möchte ich ein Statement zitieren, das heute von der
russischen Presseagentur Interfax verbreitet wurde. Viktor Oserow, der
den Verteidigungs- und Sicherheitsausschuss im Föderationsrat, dem
Oberhaus des russischen Parlaments, leitet, sagte: "Wenn wir den Vorrang
des Völkerrechts und die Souveränität von Mitgliedstaaten der Vereinten
Nationen beachten, ist der geplante US-Militärschlag gegen Syrien unter
Umgehung des UN-Sicherheitsrates nichts anderes als ein neuer
US-Angriffskrieg gegen einen weiteren arabischen Staat." Ich wünsche
diesem Zitat eine weite Verbreitung, weil Oserow eigentlich das Gleiche
wie Ban Ki-Moon gesagt hat.
Nach Oserows Meinung handelt es sich nur um eine weitere Eskalation der
bisherigen Entwicklung. Er erklärte: "Wir erinnern uns noch sehr gut an
die Nachwirkungen der anderen US-Angriffskriege gegen Jugoslawien, den
Irak und Libyen, und diese Liste ließe sich fortsetzen. Auch die haben
nicht der Verbreitung der Demokratie und der Verteidigung der
Menschenrechte gedient." Damit wurden diese Kriege begründet, möchte ich
hinzufügen. Oserow fuhr fort: "In Wirklichkeit kann es Washington nicht
ertragen, wenn Staaten nicht nach seiner Pfeife tanzen und nach seinen
Regeln spielen." Damit endet das Zitat des russischen Senators. Ich
denke, er hat den Nagel auf den Kopf getroffen und das Hauptproblem
angesprochen.
Syriens Verbrechen besteht darin, dass es sich den USA nicht beugt und
nicht vor ihnen kapituliert. Und die wenigen anderen Staaten, die den
Mut haben, eine unabhängige Außenpolitik zu betreiben, und enge
diplomatische, wirtschaftliche und militärische Beziehungen zu Staaten
wie Russland und China unterhalten, sind ebenso bedroht.
John, ich sehe das so, dass sich die USA wie ein Wolf gegenüber einer
Schafherde verhalten; sie lassen sich Zeit und verschlingen ein Schaf
nach dem anderen. Wenn die Schafe zulassen, dass der Wolf sie
nacheinander einzeln reißt, werden sie ihm schließlich alle zum Opfer
fallen.
Sogar der sonst so US-hörige Ban Ki-Moon hat die Welt daran erinnert,
dass Staaten nur dann militärische Gewalt anwenden dürfen – vor allem
wenn sie militärisch so haushoch überlegen sind wie die USA dem kleinen
Syrien, wenn sie sich selbst gegen einen unmittelbar drohenden Angriff
verteidigen müssen, oder wenn der UN-Sicherheitsrat sie dazu autorisiert
hat; beides trifft (bei einem Angriff der USA auf Syrien) nicht zu.
Auch Senator Oserow vom Rat der Russischen Föderation hat das Gleiche
gesagt, dass nämlich ein Krieg ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrates
das Völkerrecht und die internationale Weltordnung verletzt.
Ich denke, in Anbetracht der gefährlichen Situation, in der wir uns auch
nach Meinung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, des
Oberhauptes der größten Religionsgemeinschaft der Welt und des
Vorsitzenden eines wichtigen Ausschusses des Oberhauses des russischen
Parlaments befinden, müssen alle (friedliebenden) Organisationen der
Welt alle (ihnen zur Verfügung stehenden) Informationsmöglichkeiten
nutzen, um so viel moralischen Druck aufzubauen, dass ein Krieg gegen
Syrien unmöglich wird; ein regionaler Flächenbrand könnte nämlich ganz
schnell zu einem globalen Showdown werden.
John, wir haben schon wiederholt darüber gesprochen, dass die USA die
syrische Krise ausgenutzt haben, um einen neuen Kalten Krieg mit
Russland vom Zaun zu brechen; durch das abgesagte Treffen zwischen Obama
und seinem russischen Gegenüber Wladimir Putin, die Affäre um Edward
Snowden und mehrere andere Streitpunkte ist ihnen das wohl auch
gelungen. Im Grunde wollen die USA die Krise um Syrien nur ausnutzen, um
Russland zu diskreditieren, zu diffamieren und ihm zu drohen.
Wir haben bereits darüber diskutiert, dass Washington die übelsten
Schimpftiraden seit dem Kalten Krieg über Russland ausgießt, die zum
Teil sogar noch schlimmer sind, als sie damals waren.
Ich möchte einen Appell an alle Menschen richten, die Erklärungen Ban
Ki-Moons, Viktor Oserows und des Papstes Franziskus sehr ernst zu nehmen
und zu begreifen, dass bis Anfang nächster Woche, wenn beide Häuser des
US-Kongresses (über einen Angriff auf Syrien) abstimmen werden, alle
denkbaren Anstrengungen unternommen werden müssen, um der Legislative
und der Exekutive in Washington unmissverständlich klarzumachen was die
Weltgemeinschaft fordert: Kein Krieg gegen Syrien! Er wäre ein Verstoß
gegen das Völkerrecht! Er wäre ein moralisches Verbrechen. Er wäre ein
Kriegsverbrechen, dessen Verursacher (wie andere vor ihnen in Nürnberg)
zur Verantwortung gezogen werden müssten.
Robles: OK Rick, ich danke Ihnen! Unser Gespräch war lang, aber wichtig.
Rozoff: Danke, John. "
Quelle: http://principiis-obsta.blogspot.se/2013/09/der-angriff-der-usa-auf-syrien-wird-als.html
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