Freitag, 6. Dezember 2013

"15-jähriger Belgier kämpft in Syrien"

"In den vergangenen sechs Monaten ist die Zahl der Rekruten aus Europa stark angestiegen: Zwischen 1200 und 1700 Kämpfer kommen inzwischen aus elf westeuropäischen Ländern, im Frühjahr waren es Schätzungen zufolge 600 bis 800. Die jungen Leute lassen sich locken von Rückkehrern, die vom süssen Leben und ruhmreichen Kampf schwärmen. Bei den Rebellen sind sie willkommen: Während Präsident Baschar al-Assad mit Hilfe des Irans und der Schiitenmiliz Hisbollah Boden gutmacht, brauchen die Aufständischen dringend neue Kämpfer.
Sicherheitsexperten befürchten, dass sie eine militante Form des Islams heranzüchten. Die jungen Leute könnten nach ihrer Heimkehr zur terroristischen Bedrohung werden.
Organisierte Reisepakete in den Krieg
Der Zustrom europäischer Helfer zeigt, dass es zunehmend leichter wird, an die syrische Front zu gelangen. Während die ersten Kämpfer ihre Reise nach Syrien eher planlos antraten, werden sie inzwischen von Netzwerken rekrutiert, die die Reise organisieren und in den von Aufständischen kontrollierten Gebieten eine komfortable Unterkunft vorbereiten.
Trotz mangelnder Kampferfahrung sind Europäer wichtig für die syrischen Rebellen. Schliesslich können diese so demonstrieren, dass ihr Kampf nicht nur Sache des Nahen Ostens ist. Zudem helfen sie bei der Geldbeschaffung aus wohlhabenderen Regionen. Bisher hatten ausländische Kämpfer ihre Wurzeln meist im Irak, in Afghanistan und Tschetschenien.
Kämpfer aus ganz Europa und den USA
Aus Europa kommen nun viele aus Einwandererfamilien der zweiten Generation, mit säkular orientierten Eltern. Andere sind Konvertiten, die vorher keine Verbindung zum Islam hatten. Aus Frankreich reisten nach Angaben des Internationalen Zentrums zur Erforschung von Radikalisierung (ICSR) 300 bis 400 und damit die meisten Rebellen nach Syrien, aus Deutschland mehr als 220, Belgien schätzt, dass bis zu 200 seiner Bürger in Syrien kämpfen.
Schweden verdoppelte seine Schätzung auf 150 bis 200, die Zahl britischer Kämpfer pendelt sich bei rund 150 ein. Aus den Niederlanden reisten bisher 100 bis 200 junge Leute nach Syrien - mit stark steigender Tendenz. Mindestens 80 Unterstützer syrischer Rebellen kommen jeweils aus Dänemark, Spanien, Österreich und Italien, 40 aus Norwegen. Auch die USA sind alarmiert über junge Amerikaner, die in Syrien kämpfen wollen. Doch die Zahlen halten sich mit rund 20 US-Bürgern in Grenzen - Grund: Die Entfernung und die Kosten.
Sie schicken täuschende Bilder
Bei einem 21-jährigen Dänen erwachte während eines Gefängnisaufenthalts das Interesse an Syrien, vor allem Internetvideos von Rebellen hatten es ihm angetan. Auf zwei Reisen nach Syrien arbeitete er als Fahrer, doch gekämpft habe er nie, betont er. Trotzdem postete er Fotos, die ihn mit schweren Waffen zeigen. «Es ist meine Pflicht, da hinunterzureisen», sagt der Islam-Konvertit. «Es ist für die muslimische Sache.»
Ein Video der in Syrien aktiven El-Kaida-Organisation Islamischer Staat im Irak und der Levante zeigt britische Kämpfer, «die andere britische Muslime motivieren, inspirieren und rekrutieren sollen», sagt Schiras Maher vom ICSR in London. Andere Kämpfer schicken Bilder, wie sie in Junggesellenmanier in komfortablen Häusern wohnen, Essen haben so viel sie wollen und Waffen, von denen sie schon immer geträumt haben - und dazu die Möglichkeit, als Märtyrer zu sterben.
15-jähriger Belgier zog in den Krieg
In Frankreich nahmen die Behörden in den vergangenen Wochen zwei Netzwerke ehemaliger Kämpfer auseinander, die nach ihrer Rückkehr aus Syrien Anwerbeaktionen planten. Dort ist die Erinnerung an Mohammed Merah noch frisch: Der französische Jugendliche algerischer Abstammung tötete 2012 nach seiner Rückkehr aus einem Ausbildungscamp in Pakistan in einer jüdischen Schule in Südfrankreich sieben Menschen. Die französische Regierung verbot daraufhin solche Ausbildungen.
Von der Kleinstadt Vilvoorde im belgischen Flandern fuhren bisher mindestens 22 junge Leute nach Syrien. «Von Vätern und Müttern weiss ich, dass alles gut organisiert ist, die Flugtickets werden bezahlt», sagt Bürgermeister Hans Bonte. Inzwischen würden schon Teenager ins Rebellengebiet reisen. Auch junge Frauen tauchten inzwischen auf den Listen der Vermissten auf.
Eine Mutter aus Vilvoorde erzählte, wie sie ihren 15-jährigen Sohn davon abhalten wollte, seinem älteren Bruder nach Syrien zu folgen. Sie habe sogar auf den Stufen ihres Hauses geschlafen, um ihn an der Abreise zu hindern. Eines Nachts im Herbst bedrohte er sie laut Bonte mit dem Tod, falls sie ihn nicht gehen lasse. Dann stieg er in ein wartendes Auto. Seither habe sie nichts mehr von ihm gehört."

Quelle: http://www.20min.ch/ausland/dossier/syrien/story/15-jaehriger-Belgier-kaempft-in-Syrien-13139640

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