Dienstag, 3. Dezember 2013

"Türkei schickt Dschihadisten nach Europa zurück"

"Die Türkei hat 1100 Dschihadisten aus Europa in ihre Heimatländer zurückgeschickt. Sie wollten sich Al-Qaida-Gruppen in Syrien anschließen. Die Türkei könnte damit Vorwürfen entgegenwirken wollen.

Die Türkei hat 1100 Europäer zurück in die Heimat geschickt, die sich in Syrien Al-Qaida-Gruppen anschließen wollten. Ein Bericht darüber habe Ankara an europäische Länder geschickt, berichtet die lokale, türkische Tageszeitung "Habertürk". Zu den Empfängern gehörten Deutschland, Belgien, Frankreich und die Niederlande. Der Großteil der Kämpfer stamme aus diesen Ländern.
Laut dem Zeitungsbericht haben der nationale Geheimdienst (MIT), Gendarmeriekräfte und Polizeieinheiten die 1100 Bürger der EU im Laufe des Jahres bei insgesamt 43 Operationen verhaftet. Weitere 1500 Dschihadisten, die in Syrien an der Seite radikal-islamistischer Gruppierungen wie Jhabat al-Nusra und Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL) kämpfen wollten, seien allerdings immer noch in der Türkei.
Der Fahndungserfolg sei durch den Austausch von Geheimdienstinformationen über Interpol möglich geworden. In dem Bericht wird auch daraufhin gewiesen, dass die Türkei in den letzten drei Jahren insgesamt 141 Operationen gegen al-Qaida durchgeführt hat. Von den dabei 518 Verhafteten seien 218 ins Gefängnis gekommen.

Türkei will Beweis liefern

Es liest sich wie eine Art Rechenschaftsbericht. Die Türkei war von europäischen Ländern immer mehr unter Druck gekommen, da über türkische Grenzen Dschihadisten ungehindert nach Syrien reisen konnten. Sie sollen von den Behörden unbehelligt in Appartements in den Grenzstädten zu Syrien untergebracht sein.
Laut Augenzeugenberichten sollen türkisches Militär und Geheimdienst den Grenzübertritt von Kämpfern samt Proviant und Waffen bewacht haben. Vorwürfe, die die Türkei immer wieder vehement zurückgewiesen hat. Mit diesem Bericht will man alle Zweifel ausräumen und schwarz auf weiß beweisen: Man hat nicht tatenlos zugesehen.
In Syrien sollen zwischen 15.000 und 25.000 Ausländer kämpfen. Der Großteil davon kommt nicht aus Europa, sondern aus Tunesien, Tschetschenien, Libyen, Afghanistan, dem Irak, aus Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten. Die meisten davon sind ungehindert über die Türkei nach Syrien gekommen.

Lage in Syrien außer Kontrolle

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu forderte Ende November bei seinem zweitägigen Besuch in den USA "eine bessere Kooperation mit den Geheimdiensten" der Länder, aus denen die Kämpfer stammten. "Ankara hat bei westlichen Staaten angefragt, die Informationen über verdächtige Militante zu teilen, damit die türkischen Behörden in der Lage sind, sie zu stoppen".
Könnte es sein, dass die Türkei kalte Füße bekommen hat? Seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 hat sie bei Dschihadisten aus aller Herren Länder beide Augen zugedrückt. Nun ist in Syrien die Lage außer Kontrolle geraten. Extremisten kontrollieren große Teile der Rebellengebiete und sind weiter auf dem Vormarsch. Der radikale Islam könnte auch auf die Türkei überschwappen.

Im Kleinbus über den Grenzstreifen

Aber in Ankara macht man sich offensichtlich noch keine großen Sorgen. Diplomatie ist eine Sache, die Realität eine andere. Die 1100 verhafteten europäischen Dschihadisten, die im Bericht ausgelobt werden, sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Noch immer reisen radikale Islamisten über Istanbul legal in die Türkei ein und weiter in die grenznahen Städte von Antakya und Gaziantep. Dort hat es keine großräumigen Razzien gegeben.
Noch immer funktionieren die Netzwerke, die Dschihadisten aus Europa oder Libyen nach Syrien schicken. Die türkische Grenze ist für sie noch immer offen. Wie Augenzeugen der "Welt" berichteten, fahren sie weiter gemütlich im Kleinbus über die Pisten des Grenzstreifens."

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