" ... Meurer: Sie haben bis vor Kurzem noch Kontakte mit Aleppo gehabt, mit Freunden oder Bekannten dort. Wie sind Sie da in Verbindung?
Hajo: Über Internet und Telefon. Ich habe erst gestern Abend mit einem Freund aus Aleppo gesprochen.
Meurer: Was haben Sie erfahren?
Hajo:
Ja, das Übliche, was man in den letzten Tagen erfährt: viele
Flüchtlinge, viele Tote. Es werden mittlerweile auch Kampfjets wohl
eingesetzt. Aber das Erschreckende ist, was ich erfahren habe, dass
anscheinend Salafiten, also Al Kaida, tatsächlich die Oberhand haben bei
der Opposition, bei der Freien Syrischen Armee in Salaheddin, das ist
dieser Stadtbezirk, das Zentrum des Widerstandes in Aleppo. 50, wenn
nicht sogar bis 60 Prozent der Leute, die dort kämpfen auf Seiten der
Freien Syrischen Armee, sollen Salafiten, Al Kaida sein.
Meurer: Warum ist denn diese Unterstützung alles andere als willkommen, Herr Hajo?
Hajo:
Die Menschen sind nicht sehr erfreut darüber, dass gerade Al Kaida die
Oberhand gewinnt, aber anscheinend ist es eine konzentrierte Aktion
gewesen, man hat das lange vorbereitet, so zumindest mein Informant,
dass Al Kaida sich dort angesammelt hat. Und es ist ungewöhnlich, dass
die Opposition wirklich in einer großen Stadt wie Aleppo kämpft, weil
von der Freien Syrischen Armee, von ihrer Führung war eine Order
ausgegangen, dass man in so großen Städten nicht bleiben sollte. Also
anscheinend sind es tatsächlich Gruppen wie Al Kaida, Salafiten, nicht
nur auch Syrer sollen es sein, sondern auch Leute aus verschiedenen
arabischen Ländern sollen dort sein, die kämpfen.
Meurer:
Wer steuert eigentlich jetzt noch oder wer steckt jetzt noch hinter dem
Widerstand in Aleppo? Ist das der Syrische Nationalrat oder ist das
jetzt Al Kaida?
Hajo: Es ist nicht
der Syrische Nationalrat. Die Freie Syrische Armee ... Viele Gruppen,
die Waffen nehmen, werden als Freie Syrische Armee bezeichnet, aber man
muss unterscheiden: Es gibt einerseits die Desertierten, also Soldaten,
die nicht mehr bereit waren, für das Regime zu töten, haben die Seiten
gewechselt, unterstehen einer Führung, die zentral einiges steuert. Dann
haben wir viele unabhängige Gruppen, und dann eben auch die Salafisten,
also die Al Kaida-Gruppen, die werden zum Teil vom Ausland gesteuert,
aber die Mehrheit nichtsdestotrotz im restlichen Teil des Landes ist
wirklich die Freie Syrische Armee, Leute, die also desertiert sind und
einer Führung unterstehen, und das wiederum steht dem Syrischen
Nationalrat unter. Aber in Aleppo scheint die Situation eine andere zu
sein.
Meurer: Was hat denn Ihr Freund dazu gesagt, dass Al Kaida jetzt in Aleppo ist?
Hajo:
Er hat mit vielen Menschen gesprochen, die geflohen sind zum Beispiel
aus Salaheddin, er meinte, man hätte ihm sogar erzählt, dass diese Al
Kaida-Gruppe menschliche Schutzschilder benutzt hat, als es Angriffe
seitens des syrischen Militärs gegeben hat, und dass ... Die Leute
sagten, dass diese Leute zum Teil schlimmer als Regime-Leute, also als
Soldaten des Regimes vorgegangen seien. Er war selber schockiert und die
Leute ebenfalls. Wir hoffen, dass es bei diesem Einzelfall bleiben
wird, aber je länger dieser Konflikt dauert, umso mehr werden solche
Gruppen wahrscheinlich die Oberhand gewinnen. ..."
Das ganze Interview kann hier gelesen werden: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1829434/
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