Montag, 20. August 2012

"Wie die Bundesregierung in Syrien spioniert"

"Aufklärungsschiffe aus Eckernförde, Satellitenbilder und BND-Agenten liefern Deutschland ein eigenes Lagebild des Bürgerkrieges in Nahost. Die Daten könnten über die Türkei weitergereicht werden.

Was hat das Ostseebad Eckernförde mit dem Krieg in Syrien zu tun? Tatsächlich eine Menge, denn die Stadt zwischen Kiel und Flensburg ist der Heimathafen der drei Flottendienstboote der Deutschen Marine. Diese Aufklärer sind mit modernster Abhörtechnik ausgerüstet, sie können Funksprüche und andere elektronische Signale über große Distanzen abfangen und auswerten.
Genau das geschieht seit Monaten vor der Küste Syriens. Am 8. August lief die "Oker" in Eckernförde aus. Ihr Ziel: das Mittelmeer. Unter dem Kommando von Korvettenkapitän Omar de Stefano soll das 83,5 Meter lange und über 3000 Tonnen verdrängende Schiff dort bis Dezember im "nationalen Auftrag" patrouillieren. Das genaue Ziel, teilte die Bundeswehr mit, unterliege der Geheimhaltung.
Nun, ganz so geheim ist die Mission dann doch nicht. Zwei Monate zuvor war das Schwesterschiff der "Oker", die "Oste", nach 115 Tagen aus demselben Einsatzgebiet zurückgekehrt.
Sie war vor der nordafrikanischen Küste und im Südosten des Mittelmeers im Einsatz, brachte von dort "ein unabhängiges Lagebild" und damit "einen wichtigen Beitrag zu Deutschlands sicherheitspolitischer Entscheidungsfähigkeit" mit, wie der Kommandeur des Marinestützpunktes in den "Kieler Nachrichten" schwärmte.

Ins Visier eines syrischen Kriegsschiffs geraten

Durch die syrische Marine sei das Schiff nicht behindert worden. Das war insofern bemerkenswert, weil das dritte Flottendienstboot der Marine, die "Alster", im Frühjahr noch ins Visier der Bordkanonen eines syrischen Kriegsschiffes geraten war.
Klar ist damit jedenfalls: Die "Oste" und die "Alster" haben Informationen über Syrien gesammelt. Gleiches versucht nun die "Oker", die derzeit noch in einem Hafen in Sardinien liegt. Die Erkenntnisse der Aufklärer werden dann an das Kommando für strategische Aufklärung in Gelsdorf bei Bonn weitergeleitet.
Dort werden sie mit den Bildern der satellitengestützten Aufklärung abgeglichen und für die politischen Entscheidungsträger in Berlin aufbereitet.
Das aber sind nicht die einzigen Informationsquellen der Bundesregierung – auch der Bundesnachrichtendienst (BND) ist in Syrien aktiv. Der deutsche Auslandsgeheimdienst konzentriere seine Kräfte derzeit auf Syrien, sagte BND-Präsident Gerhard Schindler jüngst der "Welt". Deshalb verfüge man "über gute Informationen" und "einen soliden Einblick in die Lage des Landes".
Die "Bild am Sonntag" präzisierte das nun: BND-Agenten seien im türkischen Nato-Stützpunkt Adana stationiert und hörten von dort aus Telefonate und Funkverkehr ab. Außerdem werde informeller Kontakt zu Quellen im direkten Umfeld von Präsident Baschar al-Assad gehalten.

Nicht belegt, aber denkbar

Weiter berichtet das Blatt, die so gewonnenen Informationen seien nicht nur für die Bundesregierung bestimmt, sondern gelangten auch an die syrische Opposition. Das lässt sich nicht belegen, ist aber prinzipiell denkbar.
Denn Deutschland teilt seine nachrichtendienstlichen Erkenntnisse mit den Verbündeten in der Nato. Dazu zählt die Türkei. Und die "Sunday Times" zitiert einen Vertreter der syrischen Rebellen diesbezüglich so: "Wir bekommen sie von den Türken.""

 


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