Dienstag, 25. September 2012

Schlacht um Syrien - Bericht von der Front

"Diese Videoreportage ist ungefähr eine Woche alt und ist der Bericht eines Filmteams vom russischen Staatsfernsehen, das 2 Monate in Syrien verbracht hat und dort unmittelbar an den "heißen Orten" gewesen ist. Es gibt darin eigentlich keine Sensationen, aber sehenswert ist sie auf jeden Fall. Wichtig anzumerken, dass es sich hierbei nicht um Amateurbilder oder das Werk von Enthusiasten handelt. Nicht einmal "nur" um Berichte eines abchasischen Nachrichtenteams. Das Filmteam, welches diese Reportage erstellte, gehört zur russischen staatlichen Fernseh- und Radiogesellschaft (WGTRK), ausgestrahlt wurde der Beitrag auf Rossija und im Internet auf Vesti.ru publiziert. Das ist in etwa wie ARD und SPON. Man kann nur hoffen, dass wenigstens diese Reportage kraft ihrer Autorität und auch Professionalität ein wenig im deutschsprachigen Raum bekannt wird.
Quelle: Vesti.ru, Autor: Jewgenij Poddubnyj

Schon seit anderthalb Jahren herrscht in Syrien Krieg. Eine endlose Folge von Sondereinsätzen, Siegen und Rückzügen, die Konfrontationen zwischen Regierungstruppen und bewaffneter Opposition - mit der Waffe in der Hand und im Äther der Fernsehkanäle weltweit. Kämpfe lokaler Bedeutung werden auch außerhalb der Landesgrenzen besprochen, denn der Ausgang dieses Krieges wird nicht nur für Syrien Folgen haben. Die Situation vor Ort spaltet die Welt. Der innere Konflikt hat zweifelsohne globale Folgen. Ein Filmteam des russischen Staatsfernsehens hat 2 Monate an vorderster Front mit den Soldaten der syrischen Armee und den Bewohnern der umkämpften Gebiete verbracht, um Antworten auf schwierige Fragen zu finden: gegen wen kämpft die syrische Armee? Wofür kämpft die bewaffnete Opposition? Und warum gibt es so viele Parteien, die an diesem Konflikt interessiert sind?

Dieser Film entstand nicht in einem Studio, sondern unter Feldbedingungen, um das, was hier vor sich geht, möglichst genau zu vermitteln. Der Kampf um Syrien - ein Bericht von vorderster Front.
General Nazir, Oberst Aliya, Major Raki, Hauptmann Yakhia, Fähnrich Sari - schon seit eineinhalb Jahren kämpfen sie gemeinsam.
Diese Sondereinheit war im ganzen Lande unterwegs; sie waren in Hama und Homs, in Aleppo und Idleb, jetzt sind sie in einem Vorort von Damaskus. Es scheint, als hätten sie ihre schusssicheren Westen schon mehrere Monate lang nicht abgenommen.
Im Arsenal der Einheit gibt es Kalaschnikows, schwere MGs, Granatwerfer, aber das wichtigste ist die Erfahrung. Man könnte sie mit Wagemut verwechseln, wäre da nicht die Seelenruhe, mit der diese Männer in ein vom Feind, dem bewaffneten Arm der syrischen Opposition, kontrolliertes Gebiet vordringen.
Das ist eines der Wohngebiete von Damaskus - Tadamun. Einige Wochen lang lebte dieser Stadtteil nach den Gesetzen der Oppositionskräfte. Viele Anwohner haben es geschafft, ihre Häuser zu verlassen und sind bei Verwandten untergekommen, wer nicht fliehen konnte, verbarrikadierte sich in seiner Wohnung.
Reporter:
Einige Wochen lang wurde auf diesen Straßen gekämpft, die Armee ging langsam und sehr vorsichtig vor. Man setzt auf mobile Einheiten, um in den Wohnvierteln keine schweren Waffen einsetzen zu müssen. Die Panzer feuerten nicht direkt auf die Gebäude, man nutzte die Maschinen als mobile Deckung.
Sofort nachdem die Regierungskräfte diesen Stadtteil unter ihre Kontrolle nahmen, zeigten die Anwohner den Soldaten ein Massengrab. In dieser Baugrube wurden 9 Leichen entdeckt.
Mahaddin Simach, Oberst der syrischen Armee:
Obenauf liegt Bauschutt und Schrott. Das werden wir alles auseinanderräumen und die Toten bergen, damit man sie identifizieren kann.
Zeugen berichteten, dass diese Menschen von den Rebellenkämpfern der sogenannten Freien Syrischen Armee umgebracht wurden. Wofür man diese Bewohner des Stadtrands von Damaskus erschoss, weiß niemand.
Anwohner:
Ich sah von meinem Balkon aus, wie die Militia die Leute erschoss und sie in diese Grube warf. Man bemerkte mich, sie kamen zu mir und zogen mir einen Sack über den Kopf, wollten mich umbringen. Als sie merkten, dass ich nur ein kleines Licht bin, ließen sie mich gehen.
Vier von denen, die hier ermordet und in diese Baugrube hinabgeworfen wurden, sind von den Verwandten und Anwohnern identifiziert worden - es waren Bewohner dieser Häuser. Drei Frauen - Lehrerinnen an der hiesigen Schule - und einen Mann. Er wurde von den Rebellen entführt, man forderte Lösegeld - 10 Maschinengewehre oder Geld.
Seine Verwandten hatten weder das eine, noch das andere. Schließlich wurde der Mann umgebracht und in diese Grube gestoßen.
Auf diesen Bildern, die von den “Aktivisten” der Freien Syrischen Armee unweit der grenznahen Stadt Idleb gemacht wurden, wird ein Mann für seine Loyalität gegenüber den Regierungskräften und seine religiösen Ansichten bestraft.
Er wird ohne Gerichtsverhandlung erschossen, weil er die Ansichten der Oppositionellen nicht teilt - er ist Anhänger der Regierung und als Moslem ein Schiit, kein Sunnit.
Überhaupt filmen die Rebellenkämpfer sehr viel. Sie laden ihre Amateuraufnahmen im Internet hoch. Diese Videos kann man in zwei Kategorien einteilen: die einen sind für Zuschauer aus dem Westen bestimmt, das sind normalerweise Verlautbarungen und Kommentare in englischer Sprache und Berichte von Erfolgen beim Kampf mit den Regierungskräften. Die zweite Kategorie ist radikale religiöse Propaganda.
Nach jedem Schuß hört man eine Lobpreisung Allahs, nach jedem Terroranschlag freudige Ausrufe. Auf den Videos sieht man gemeinsame Gebete der Salafiten - der Kämpfer für die Reinheit des Islam. In den Reihen der bewaffneten Opposition in Syrien kämpfen radikale Dschihadisten, die nicht nur aus politischen, sondern auch aus religiösen Gründen morden.
Das ist der bekannte französische Chirurg Jacques Bérès, einer der Gründer der Organisation “Ärzte ohne Grenzen”. Er kehrt gerade von einer schweren Dienstreise zurück. In der zweitwichtigsten Stadt Syriens, Aleppo, war Bérès in einem Feldlazarett der Opposition tätig, er behandelte die Kämpfer der Freien Syrischen Armee.
In seinem Koffer hat er einfache chirurgische Instrumente: Skalpelle, Klemmen und Zangen. Die meisten Verletzungen stammen von Schusswaffen oder Splittern, deshalb genügt ein solches Sortiment vollends. Gleich, als der Chirurg nach Hause zurückgekehrt war, berichtete er von seinen Patienten. Der größte Teil der Rebellenkämpfer, die er auf dem OP-Tisch hatte, waren ausländische Söldner.
Jacques Bérès, Chirurg, "Ärzte ohne Grenzen":
Das ist wirklich seltsam und ruft Befremden hervor. Sie sprechen offen davon, dass sie nach dem Sturz von Baschar al-Assad alles daran setzen werden, an die Macht zu kommen, um einen islamischen Staat zu schaffen, der dem Gesetz der Scharia folgt. Viele von ihnen sind Franzosen, sie sind sehr jung, fanatisch und malen sich ihre Zukunft entsprechend aus.
Der Chirurg behandelte libysche, afghanische, pakistanische und algerische Kämpfer, es gab auch Patienten mit französischen Pässen. Nach den Worten des Arztes sagten viele von ihnen, ihr Vorbild, dem sie nacheifern, sei Mohammed Merah - der Terrorist, der für Massenmorde in Frankreich bekannt wurde.
Für die Angaben des bekannten französischen Chirurgs gibt es einen anschaulichen Beweis - das sind Bilder von einem Sondereinsatz in der syrischen Wirtschaftshauptstadt Aleppo. Bei den Kämpfen haben die Regierungskräfte Dutzende Söldner liquidiert. Unter den Toten findet sich ein Türke, er trägt die Symbole der Al-Kaida: ein schwarzes Band mit einer sogenannten Schahāda - ein Zeugnis, dass es keinen Gott außer Allah gibt.
Anwohnerin:
Wir wurden von den Banditen sehr schlecht behandelt, wir wurden durchsucht und bedroht. Sie haben meine Nachbarin mit ihren 2 Kindern entführt; ein Junge ist 5, der andere 4 Jahre alt. Man hat sie bis jetzt noch nicht gefunden. Die ganze heilige Festzeit des Ramadan verbrachten wir in Angst...
In Aleppo herrscht nach wie vor die angespannteste Situation im Lande: mal flauen die Kämpfe ab, mal entflammen sie mit neuer Kraft. Für die bewaffnete Opposition hätte dieses Wirtschaftszentrum zum Ausgangspunkt für eine Großoffensive werden können, die Nähe zur türkischen Grenze erleichtert den Nachschub an Kämpfern und Waffen zum Ort der Kampfhandlungen.
Reporter auf Pickup versucht, gegen das MG-Feuer anzubrüllen:
In Aleppo gehen die Kämpfe unvermindert weiter, die Armee befreit ein Stadtviertel nach dem anderen. In der Stadt führen Scharfschützen ihren Krieg. Feuerpunkte des Gegners werden durch großkalibrige Maschinengewehre ausgeschaltet.
So - auf Pickups mit darauf installierten Maschinengewehren - bewegen sich die mobilen Einheiten der Regierungskräfte durch die Stadtviertel; die Fußsoldaten werden durch massives Feuer gedeckt.
Die Scharfschützen nutzen selbst kurze Feuerpausen dazu, ihre Position zu wechseln. Wo das Gegenfeuer gar zu heftig ist, nutzen die Soldaten Panzerfahrzeuge.
Reporter in Deckung hinter einem Panzer:
Hier stehen fast alle Straßenkreuzungen unter Beschuß; man kann sich hier nur unter dem Schutz der Panzer fortbewegen.
Scharfschützen sind seit den ersten Tagen der Auseinandersetzungen aktiv, fast alle Hochhäuser sind potentielle Feuerpunkte. Nachts hält die Armee auf den Dächern Wache; auf diesen Aufnahmen mit Nachtsichtgerät wechseln Scharf- und Richtschütze ihre Position. Die meisten der in Aleppo umgekommenen Soldaten der syrischen Armee sind Opfer solcher Scharfschützen.
Die Kinder helfen Natalja beim Packen der Sachen. Sie ist russische Staatsbürgerin und Ehefrau eines Syrers und lebt seit fast 20 Jahren hier.
Als die Krise begann, hatte sie nicht vor wegzulaufen. Als dann klar wurde, dass Krieg herrscht, hoffte sie, dass er bald vorbei ist. Als man im Fernsehen aber getötete Söldner zeigte, kaufte sie sich ein Flugticket in die Heimat.
Natalja Bumagina:
Wir versuchten, bis zum Ende auszuharren. Die russische Hoffnung hat uns immer geholfen - wir bauten sehr stark darauf, etwa, es wird uns schon nicht treffen, denn in unserer Stadt war alles ruhig - überall wurde gekämpft, aber irgendwie war das weit weg und betraf mich nicht.
Nataljas Mann ist in Aleppo geblieben, er sagt, er kann nicht davonlaufen. Solange Krieg herrscht, sei es nicht männlich, die Flucht zu ergreifen.
Ehemann von Natalja:
In Aleppo ist es sehr gefährlich, jeden Tag Explosionen, Tote, für mich ist meine Familie aber mein Leben, deswegen bestand ich darauf, dass meine Frau und die Kinder wegfahren. Wenn alles vorbei ist, werden sie zurückkehren und unsere Familie kommt wieder zusammen, aber jetzt ist sie besser in Russland.
In Aleppo und Umgebung befinden sich nach Angaben der Armee mehrere Tausend Rebellenkämpfer. Sie führen Krieg gegen die Regierung und gegen die Zivilbevölkerung, welche sie nicht unterstützt. Jeden Tag werden Verwundete und Flüchtlinge per Hubschrauber aus der Stadt fortgeschafft, aber der Platz reicht nicht für alle.
Diese Familie hat es wieder nicht geschafft, aus dem von Explosionen erschütterten Aleppo fortzukommen: bereits der sechste Hubschrauber fliegt ohne sie weg. Pushkha ist die Tochter eines getöteten syrischen Offiziers.
Pushkha Hassan, Tochter eines getöteten syrischen Offiziers:
Vor einigen Tagen schoss man ihm an einer Tankstelle in den Kopf. Nachdem sie Vater umgebracht haben, floh unsere Familie, wir gelangten zu einem Krankenhaus, und die Soldaten brachten uns hierher. Wir hoffen auf eine Gelegenheit, von hier wegzufliegen. Wir haben Angst, dass die Banditen uns umbringen.
Scharach ist noch keine 14, er ist der Sohn eines Polizeioffiziers. Als die Rebellen davon erfuhren, warfen sie ihn in einen Keller. So hat man ihn zu einer Kollaboration überzeugen wollen: er sollte Informationen über die Regierungskräfte mitteilen, und fast hätten sie ihn dazu überredet.
Scharach, knapp 14-jähriger Junge:
Ich log sie an und sagte, ich wolle für sie spionieren, nur dann ließen sie mich gehen. Ich ging und sagte alles meinem Vater, und er hat mich versteckt.
Das ist das, wovor die Menschen am meisten Angst haben und weshalb sie aus Aleppo fliehen.
Schwere, selbstgebaute Sprengsätze wurden von Terroristen unweit des Krankenhauses Al-Hayat, einer Schule und des Stadions der Stadt deponiert. Die gesamte Detonationsleistung des Sprengsatzes betrug mehr als eine Kilotonne. Der Anschlag zerstörte dutzende Gebäude. Gleich nach diesem blutigen Anschlag der Rebellen haben mehrere westliche Nachrichtenagenturen verbreitet, dass die Menschen hier aufgrund von Luftangriffen durch die Regierungskräfte umgekommen sind. Eine Richtigstellung ist nie erfolgt.
Frau:
Sie haben meinen Jungen umgebracht, mein Sohn starb, als diese Bomben hochgingen. Wer gibt mir jetzt meinen Sohn zurück?!
Der Terror ist jetzt die Hauptwaffe der Rebellen. In allen von den Rebellen kontrollierten Gebieten gibt es Untergrundwerkstätten zur Herstellung von Sprengsätzen.
Reporter:
Diese Industrie-Kaffeemaschine wurde dazu genutzt, Ammoniumnitrat, also Ammoniumsalpeter, zu zerkleinern.
Auf dem Tisch liegt ein Notizbuch mit einer schrittweisen Anleitung für die Herstellung von Bomben. Die, welche den Sprengstoff herstellen, sind keine Spezialisten, sondern damit beschäftigen sich alle Rebellen, die gerade nicht in Kämpfe verwickelt sind. Man fand hier unfertige Bomben verschiedenster Größe und Detonationskraft.
Reporter:
Mit solchen Dingen füllen die Terroristen ihre selbstgebauten Sprengsätze. Das sind Kugeln aus Kugellagern.
Solche Waffen werden nicht im Kampf gegen Regierungskräfte eingesetzt. Die selbstgebauten Sprengsätze sind dazu da, Furcht und Verzweiflung zu verbreiten.
Das sind die Folgen eines Anschlags in einem christlichen Stadteil eines Vororts von Damaskus. Die Bombe wurde unter einem Taxi installiert, das an einer belebten Kreuzung geparkt wurde.
Reporter:
Die Explosion war so gewaltig, das von dem mit der Sprengladung präparierten Pkw praktisch nichts übriggeblieben ist. Die Fachleute schätzen die Sprengleistung auf mehr als 40 Kilogramm Sprengstoff. Die Bombe war außerdem mit kleinen, scharfen Metallstücken gefüllt.
Gezündet wurde der Sprengsatz per Funk, und zwar in dem Moment, als eine Trauerprozession an dem Wagen vorbeiging. An diesem Tag wurden hier Soldaten zu Grabe getragen, doch die meisten der Todesopfer und der Verwundeten sind Anwohner des Stadtgebiets, die dem Begräbnis beiwohnten.
Rada stand auf dem Balkon und unterhielt sich mit ihrer Nachbarin. Durch die Druckwelle wurde sie ins Wohnzimmer geschleudert.
Rada Rekmani:
Wir tranken gerade Kaffee, als ich einen fürchterlichen Schlag spürte. Es flogen Splitter, Glas, Ziegel auf mich und ich verlor das Bewußtsein. Ich kam in den Armen meiner Verwandten wieder zu mir, mir wurde meine Hand verbunden. Dieser Terroranschlag ist das Werk der ausländischen Söldner, ich denke, nur sie können vollkommen Unbeteiligte ermorden.
Das ist der Vater eines elfjährigen Jungen. Der Junge wurde in kritischem Zustand in ein Krankenhaus eingeliefert.
Vater des schwerverletzten Jungen:
Wir kamen gerade vorbei, und da explodierte das Auto, ich hielt meinen Sohn an der Hand. Ein großer Splitter geriet ihm in den Bauch. Ein kleinerer traf sein Gesicht.
Das Kind wurde mehrere Stunden lang operiert, man entfernte die Splitter und stillte die Blutung. Danach kam er auf die Intensivstation.
Diese Bilder sind eine Woche später im gleichen Krankenhaus entstanden. Es gab den nächsten Anschlag, doch diesmal sind alle Toten Kinder.
Wieder sprengten die Terroristen ein Auto, das an einer Kreuzung geparkt war, doch hier war die Bombe um ein Vielfaches mächtiger. Durch die Explosion wurden Wohnhäuser zerstört. Hassan, ein Ingenieur, hat in Russland studiert. Er verlor hier seine kleine Tochter.
Hassan, Ingenieur:
Das ist ein Spielzeug meiner Tochter, sie war 8 Monate alt. Was war ihre Schuld? Soll das eine Revolution sein, wenn man solch kleine Kinder umbringt? Das ist keine Revolution, das ist Terror, es sind richtige Terroristen, die in Amerika, Frankreich und Stambul wohnen.
Der Terror ist in Syrien inzwischen zum Alltag geworden. Die Rebellen verlagern dabei ihre Aufmerksamkeit mehr und mehr auf rein zivile Ziele.
Auf diesem Video berichtet die Al-Farouk-Brigade detailliert über einen ihrer Terroranschläge. Alle Stadien der Vorbereitung und der Umsetzung wurden festgehalten, man sprengte ein Krankenhaus und Checkpoints der Regierungstruppen in der Stadt Qusair.
Rebell an seine "Kollegen":
Besser sprengen wir gleichzeitig das Krankenhaus und greifen dabei die Checkpoints mit Granatwerfern an, dann haben wir eine Chance zu entkommen. Was denkt ihr?
Um verwundete Soldaten und Zivilisten zu töten, graben die Rebellen Gänge unter das Krankenhaus und die Checkpoints. Ihre Gesamtlänge beträgt um die 500 Meter.
Rebell:
Wir haben es nicht geschafft, die Wache aus dem Krankenhaus zu vertreiben, deswegen wird das Gebäude vermint. Es gibt keine andere Möglichkeit, Rache zu nehmen.
Nach langer Vorbereitung wurden Krankenhaus und Checkpoints gesprengt.
Es gab mehr Tote unter den Zivilisten als unter Soldaten. Für die Rebellenkämpfer ist das aber ein durchaus akzeptables Ergebnis.
Das sind Kämpfer der Regierungstruppen, fast niemand von ihnen wollte noch vor einem Jahr zur Waffe greifen, doch fast jeder ist aufgrund einer Tragödie im Familienkreis jetzt im Krieg.
Mohammed hat seine Wehrpflicht vor 30 Jahren absolviert, kehrte aber in die Armee zurück, nachdem er seinen Sohn verlor.
Mohammed Saïdi:
Mein Haus ist nicht weit von hier, vor einem Monat wurde das Viertel von Rebellen besetzt, sie kamen in mein Haus, als ich gerade weg war. Sie wollten, dass sich mein Sohn ihnen anschließt und gegen die Armee kämpft. Er wollte das nicht, er hat nie ein MG in der Hand gehalten und wollte gegen niemanden Krieg führen. Sie haben ihn umgebracht. Wie hätte ich danach zu Hause bleiben sollen?
Die Fundamentalisten haben das Rad nicht neu erfunden und nutzen bewährte Taktiken aus dem Irak, Afghanistan und Libyen. Sie haben Unterstützung in den Gebieten, in denen radikal eingestellte Moslems leben, dort bauen sie unterirdische Bunker und richten Waffenlager ein. Kommen sie unter Beschuss, lassen sie ihre Waffen fallen und versuchen, wie harmlose Zivilisten auszusehen. Sie tragen keine Uniformen, obwohl sie sich als Kämpfer der Freien Syrischen Armee bezeichnen.
Das ist ein Sondereinsatz nur 20 Kilometer vom Zentrum von Damaskus entfernt. Das Filmteam dringt zusammen mit den Regierungstruppen in die Kampfzone vor. Wir konnten alle Etappen der Auseinandersetzung sehen.
Das ist, wie die Soldaten es nennen, der “Kontakt”. Wir kommen durch massives Gegenfeuer der Opposition zum Halten. Die Soldaten eröffnen Bekämpfungsfeuer, und unter der Schussdeckung geht eine Kampfeinheit den Rebellen in den Rücken, liquidiert einen Scharfschützen, einen Mann mit Granatwerfer und einen MG-Schützen. Die Soldaten erbeuten ein Funkgerät, das auf der Frequenz der FSA funkt. Nach den Meldungen, die man dort hört, gibt es hier um die 40 Rebellenkämpfer, davon 10 Scharfschützen.
Rebell über Funk:
Ich nehme eine andere Stellung ein, gehe näher an den Wassertank an der Ecke heran. Dort ist Bewegung.
Die Rebellen ahnen nicht, dass sie abgehört werden. Einer der Scharfschützen kommt auf dieses Dach, aber er wird bereits erwartet.
Das Gros der Soldaten rückt vor, es gibt bereits Verluste. Zwei Soldaten sind tot. Die Rebellen schießen aus Granatwerfern. Die Soldaten fordern Verstärkung mit Panzerfahrzeugen an. Es kommen zwei Panzer heran, die keine Mühe mit der leichten Artillerie der Rebellen haben.
Je weiter, desto schwieriger. In dem dicht bebauten Viertel kommen die Soldaten nur langsam voran, hier gibt es keine Unterstützung durch die Panzer, sie werden abgezogen.
Die Fußsoldaten bewegen sich sprungweise von Gebäude zu Gebäude, es gibt wieder Kontakt, in einem der Häuser steckt ein Scharfschütze.
Es ist ein auszehrender Krieg. Ständig hallen Schüsse, alle Soldaten sind angespannt, weil sie nicht wissen, aus welcher Richtung der nächste Angriff kommt.
Die Feuerpunkte der Rebellen sind vernichtet, es gibt eine kurze Pause. Die verschreckten Bewohner kommen auf die Straßen heraus und begrüßen ihre Befreier.
Anwohnerin:
Solange die Rebellen hier waren, saßen wir zu Hause und gingen nicht an die Fenster heran. Es war fürchterlich, ich bin eine Woche lang nicht auf die Straße gegangen.
Das Stadtviertel ist gesäubert, im Äther der Rebellen kehrt Stille ein.
Unser Filmteam begibt sich zum ausgehobenen Kommandozentrum der Rebellen. Doch auch für die Armee unerwartet eröffnet ein Scharfschütze das Feuer.
Der Schütze schneidet unsere Gruppe von den Regierungssoldaten ab, wir können die Deckung nicht verlassen. Dabei sieht man natürlich, dass wir Zivilisten sind, keine Waffen tragen, man kann uns als Journalisten erkennen.
Zehn Minuten später hören wir Rufe - vorwärts!
Der Scharfschütze ist tot, wir laufen an ihm vorbei. Die Regierungstruppen kämmen das Gebiet noch einmal durch.
Reporter:
Die Scharfschützen schlagen solche Löcher in die Wände...
Sie schießen durch diese Löcher, jedes davon kleiner als das vorangehende. Die Armee verliert deshalb nicht nur im offenen Gelände Soldaten. An einem Tag sterben 7 Soldaten durch Scharfschützenfeuer, es gibt mehr als 10 Verletzte. Sie werden von Militärärzten weggebracht.
Die Rebellen melden sich wieder über Funk und sagen, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, das Stadtviertel zu halten, sie planen den Einsatz eines Selbstmordattentäters, um ihren Rückzug zu decken.
Syrischer Offizier:
Vorsicht, wenn der Scharfschütze sich in die Luft sprengt, kann es viele Opfer geben. Tretet zurück!
Um das Leben seiner Soldaten nicht zu riskieren, befiehlt der Offizier, den letzten Feuerpunkt mit Granatwerferfeuer auszuschalten.
Der Sondereinsatz hier dauerte zwei Tage. Der Großteil der Rebellen wurde getötet. Die Opposition hat versucht, die Säuberungsaktion als Überfall auf die Zivilbevölkerung darzustellen, aber unter den Getöteten gab es niemanden, der unbewaffnet war.
Schon in der darauffolgenden Nacht veranstaltet eine andere Terroristenbrigade einen Granatwerferbeschuss von Damaskus.
Eine halbe Stunde lang schlagen 82-Millimeter-Granaten in der Stadt ein. Die Rebellen beschießen ein Wohnviertel.
Anwohnerin:
Wir schliefen, als die Granaten hier einschlugen. Wir waren sehr verschreckt und haben in der Panik nicht begriffen, was vor sich geht. Das ganze Haus bebte. Unsere Soldaten kamen mitten während des Beschusses und führten uns in den Keller.
Das, was die Rebellen dann als Terroranschlag bezeichnen, forderte 4 Todesopfer in einem Wohnhaus, Dutzende wurden durch Splitter verletzt. Die Verantwortung wurde von einer “Ansar al-Islam”-Brigade übernommen, noch eine Bande Fundamentalisten unter dem Kommando eines ausländischen Söldners.
Überhaupt ist die sogenannte Freie Syrische Armee ein Netz aus Terrorzellen, die von ihrer Struktur her einer “gewöhnlichen” Terrororganisation ähnelt. Im Vordergrund steht die Religion, der Salafismus, die wohl radikalste Strömung des Islam. Ziele sind der Sturz der Regierung und der Aufbau eines Scharia-Staatswesens in Syrien. Und bei alledem wird die bewaffnete Opposition weiterhin von der USA, von Frankreich und Großbritannien unterstützt, ganz zu schweigen von Katar und Saudi-Arabien. Aus den Rekrutierungscamps in der Türkei und den Flüchtlingslagern in Jordanien bekommen sie Geld, Waffen und Medikamente, um ihren Krieg in Syrien fortzuführen.
Von den Tribünen der internationalen Arena hört man weiterhin Forderungen nach einem Rücktritt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Das würde angeblich die Gewalt beenden. Dabei gibt es das Beispiel Afghanistans, des Irak und Libyens, wo die Gewalt nach dem Sturz der Regierungen gerade eskaliert, die Freiheit aber gegen Null geht."
 
 

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