Wie kaum eine andere jihadistische
Kampforganisation in Syrien hat es Jabhat an-Nusra (Unterstützungsfront)
verstanden, durch geschickte mediale Selbstinszenierung die
Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Trotz ihrer überschaubaren Grösse von
schätzungsweise 8000 Kämpfern bereitet sie mittlerweile nicht nur dem
Westen, sondern auch zunehmend den säkular ausgerichteten syrischen
Aufständischen Kopfzerbrechen. Ihr überaus produktiver Mediendienst «Das
weisse Minarett» betreibt neben einer umfangreichen Website mehrere
Blogs und Facebook-Seiten und produziert pausenlos Videos, die auch auf
Youtube verbreitet werden.
Am meisten von sich reden macht seit einigen Monaten die Videoserie «Der Anfang vom Ende (des Asad-Regimes)». Hier werden die militärischen Erfolge der Nusra-Front im Reality-TV-Stil präsentiert; man filmt Kampfoperationen kleiner Gruppen von Bewaffneten vorzugsweise mitten im Feuergefecht. Auch soll der Eindruck erweckt werden, dass die Organisation flächendeckend gegen das Asad-Regime kämpft. Deshalb werden die unterschiedlichsten Ziele anvisiert: Armeestützpunkte und -aussenposten in der Peripherie, Zentralen der Schabiha, der Killer-Kommandos Asads, in verschiedenen Städten sowie wichtige Regierungsgebäude in Damaskus.
In der Serie «Der Anfang vom Ende», die inzwischen ein Dutzend Folgen mit einer Länge von 20 bis 30 Minuten umfasst, spielt die Inszenierung von Selbstmordattentätern der Nusra-Front eine zentrale Rolle. Sensationell Neues haben die Videos der syrischen Islamisten nicht zu bieten. Dass der Suizidbomber, hier in der Regel Fahrer eines mit Sprengstoff beladenen Last- oder Lieferwagens, vor dem Aufbruch zu seiner tödlichen Mission seine Kampfgenossen zum Abschied umarmt, ist ein schon länger aus einschlägigen Videos von Jihadisten aus dem benachbarten Irak bekanntes Ritual. Höchstens die kurz vor ihrem Einsatz mit den syrischen Attentätern geführten Gespräche, bei denen neben dem obligaten Preisen des bevorstehenden Märtyrertods der eine oder andere Lacher erlaubt ist, dürften innerhalb der Genregeschichte als Novum gelten. Als Kontrast zum Herunterlesen des eigenen Testaments sollen offenbar solche Szenen von der angeblichen Unbeschwertheit zeugen, mit denen der islamistische Selbstmordattentäter in den Tod geht.
Mit dem systematischen Einsatz der Waffe des Selbstmordattentats, den weitere ähnliche Videoproduktionen der Jabhat an-Nusra zu belegen trachten, signalisiert die Gruppe offensichtlich einen gewissen Führungsanspruch innerhalb der islamistischen Kampfszene in Syrien. Eher zurückhaltend zeigt sich in diesem Zusammenhang in seinen Audiobotschaften ihr Anführer Abu Mohammed al-Jaulani. Er, wie auch die Selbstmordattentäter der Nusra-Front in ihren Abschiedsreden, spricht nur generell, und ohne für sich eine führende Rolle zu beanspruchen, von der bevorstehenden Wiedererrichtung der Herrschaft Gottes und des Islam in den «Ländern des Scham» (bilad al-scham).
Diese historische Bezeichnung für das Gebiet Grosssyrien spielt wohl auf die Zeit an, als die Region das Herrschaftszentrum der Umayyaden-Kalifen war; sie ist auch im vollen Organisationsnamen der Front enthalten. An sich impliziert dieser Terminus das Territorium des historischen Palästina sowie des heutigen Jordanien und Libanon. Doch in der Nusra-Propaganda wird weder auf diese Länder Bezug genommen, noch kommt in den Ansprachen ihres Anführers Jaulani das Stichwort Kalifat vor, dessen Errichtung laut arabischen wie westlichen Medienberichten die Organisation anstrebt.
Entsprechend distanzierte Jaulani sich unlängst unmissverständlich von der Erklärung des Chefs der Kaida-nahen Jihadisten-Organisation «Islamischer Staat des Iraks», die Nusra-Front sei ihr Ableger und habe die gemeinsame Gründung eines länderübergreifenden islamischen Staats zum Ziel. Bedenklich stimmt aber Jaulanis im selben Atemzug bekundete Treue zum Kaida-Führer Ayman al-Zawahiri. Sie soll, so berichten arabische Medien, derart grosse Empörung innerhalb der Nusra-Front ausgelöst haben, dass bereits von einer möglichen Spaltung die Rede ist. Kaum wahrgenommen wurde ein weiteres Statement Jaulanis in der gleichen Audiobotschaft: Die Etablierung einer islamischen Gesellschaftsordnung in Syrien solle nur gemeinsam, also durch alle am Aufstand Beteiligten, realisiert werden. Dass sich solch ein halbwegs demokratischer Ansatz mit Jaulanis Kaida-Sympathie vereinbaren lässt, muss bezweifelt werden."
Quelle: http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/medien/einschuechterung-mit-videos-von-selbstmordattentaten-1.18084440
Am meisten von sich reden macht seit einigen Monaten die Videoserie «Der Anfang vom Ende (des Asad-Regimes)». Hier werden die militärischen Erfolge der Nusra-Front im Reality-TV-Stil präsentiert; man filmt Kampfoperationen kleiner Gruppen von Bewaffneten vorzugsweise mitten im Feuergefecht. Auch soll der Eindruck erweckt werden, dass die Organisation flächendeckend gegen das Asad-Regime kämpft. Deshalb werden die unterschiedlichsten Ziele anvisiert: Armeestützpunkte und -aussenposten in der Peripherie, Zentralen der Schabiha, der Killer-Kommandos Asads, in verschiedenen Städten sowie wichtige Regierungsgebäude in Damaskus.
In der Serie «Der Anfang vom Ende», die inzwischen ein Dutzend Folgen mit einer Länge von 20 bis 30 Minuten umfasst, spielt die Inszenierung von Selbstmordattentätern der Nusra-Front eine zentrale Rolle. Sensationell Neues haben die Videos der syrischen Islamisten nicht zu bieten. Dass der Suizidbomber, hier in der Regel Fahrer eines mit Sprengstoff beladenen Last- oder Lieferwagens, vor dem Aufbruch zu seiner tödlichen Mission seine Kampfgenossen zum Abschied umarmt, ist ein schon länger aus einschlägigen Videos von Jihadisten aus dem benachbarten Irak bekanntes Ritual. Höchstens die kurz vor ihrem Einsatz mit den syrischen Attentätern geführten Gespräche, bei denen neben dem obligaten Preisen des bevorstehenden Märtyrertods der eine oder andere Lacher erlaubt ist, dürften innerhalb der Genregeschichte als Novum gelten. Als Kontrast zum Herunterlesen des eigenen Testaments sollen offenbar solche Szenen von der angeblichen Unbeschwertheit zeugen, mit denen der islamistische Selbstmordattentäter in den Tod geht.
Mit dem systematischen Einsatz der Waffe des Selbstmordattentats, den weitere ähnliche Videoproduktionen der Jabhat an-Nusra zu belegen trachten, signalisiert die Gruppe offensichtlich einen gewissen Führungsanspruch innerhalb der islamistischen Kampfszene in Syrien. Eher zurückhaltend zeigt sich in diesem Zusammenhang in seinen Audiobotschaften ihr Anführer Abu Mohammed al-Jaulani. Er, wie auch die Selbstmordattentäter der Nusra-Front in ihren Abschiedsreden, spricht nur generell, und ohne für sich eine führende Rolle zu beanspruchen, von der bevorstehenden Wiedererrichtung der Herrschaft Gottes und des Islam in den «Ländern des Scham» (bilad al-scham).
Diese historische Bezeichnung für das Gebiet Grosssyrien spielt wohl auf die Zeit an, als die Region das Herrschaftszentrum der Umayyaden-Kalifen war; sie ist auch im vollen Organisationsnamen der Front enthalten. An sich impliziert dieser Terminus das Territorium des historischen Palästina sowie des heutigen Jordanien und Libanon. Doch in der Nusra-Propaganda wird weder auf diese Länder Bezug genommen, noch kommt in den Ansprachen ihres Anführers Jaulani das Stichwort Kalifat vor, dessen Errichtung laut arabischen wie westlichen Medienberichten die Organisation anstrebt.
Entsprechend distanzierte Jaulani sich unlängst unmissverständlich von der Erklärung des Chefs der Kaida-nahen Jihadisten-Organisation «Islamischer Staat des Iraks», die Nusra-Front sei ihr Ableger und habe die gemeinsame Gründung eines länderübergreifenden islamischen Staats zum Ziel. Bedenklich stimmt aber Jaulanis im selben Atemzug bekundete Treue zum Kaida-Führer Ayman al-Zawahiri. Sie soll, so berichten arabische Medien, derart grosse Empörung innerhalb der Nusra-Front ausgelöst haben, dass bereits von einer möglichen Spaltung die Rede ist. Kaum wahrgenommen wurde ein weiteres Statement Jaulanis in der gleichen Audiobotschaft: Die Etablierung einer islamischen Gesellschaftsordnung in Syrien solle nur gemeinsam, also durch alle am Aufstand Beteiligten, realisiert werden. Dass sich solch ein halbwegs demokratischer Ansatz mit Jaulanis Kaida-Sympathie vereinbaren lässt, muss bezweifelt werden."
Quelle: http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/medien/einschuechterung-mit-videos-von-selbstmordattentaten-1.18084440
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