Montag, 27. Mai 2013

"Ist Syriens Präsident Assad der Einzige, der ein noch größeres Blutbad verhindern kann?"

"Der Bürgerkrieg in Syrien dauert nun schon über zwei Jahre. Er wird mit großer Brutalität geführt. Zehntausende wurden getötet, Hunderttausende verletzt, eine Million Syrer sind außer Landes geflohen. Die westliche Einstellung gegenüber diesem Krieg wird bestimmt von der Furcht, dass er auf die Nachbarländer übergreifen könnte. Das würde sofort zu einer Destabilisierung des Nahen Ostens und dem Anstieg des Ölpreises führen. Man befürchtet sogar, dass sich das ganze Gebiet vom nordöstlichen Mittelmeer bis zum Persischen Golf in einen Kriegsschauplatz verwandeln könnte, mit der Türkei und dem Iran als Hauptprotagonisten.

Bis jetzt allerdings ist davon nichts geschehen. Die empfindliche Grenze zwischen Israel und Syrien auf den Golanhöhen blieb nahezu ruhig. Die Nachbarn Syriens, Libanon und Jordanien, hielten sich stabiler als erwartet. Der Ölpreis ist sogar gefallen.

Der syrische Bürgerkrieg hat die Hisbollah und den Iran als Papiertiger entlarvt. Hisbollah entsandte in der Tat Kämpfer zur Unterstützung Assads. Jedoch trotz wiederholter Provokationen Israels – jüngst in der Form, dass Israel Bomben auf syrische Anlagen regnen ließ – hat man keinen einzigen Schuss auf den verhassten Nachbarn im Süden abgegeben. Die Mullahs ihrerseits haben Assad mit Hardware versorgt und auch personell unterstützt. Aber auch sie konnten den Kriegsverlauf nicht beeinflussen. Sie ließen nur die Muskeln spielen.

Aus humanitären Gründen und weil die Zukunft unsicher scheint, wollen wiederum die meisten westlichen Länder den Krieg beendet sehen. Bis jetzt haben sie den Rebellen aber nur oberflächlich Unterstützung angeboten, weil sie zu schwach und zu zaghaft waren, um mehr zu tun. Ihre Hilfe, weit entfernt davon, den Krieg zu beenden, war ein wichtiger Faktor für seine Verlängerung.

Assad seinerseits versucht, sich mit Händen und Füßen zu wehren. Möglicherweise hätte er allein längst aufgegeben. Er wird jedoch von der Furcht zurückgehalten, dass seine Kapitulation den Tod der 1,2 Millionen starken alawitischen Gemeinschaft zur Folge hätte, der er selbst und seine engsten Gefährten angehören. 1982 massakrierten Hafez el Assad und seine Alawiten etwa 30 000 Einwohner der Stadt Homs. Deshalb würde ein Sieg der Rebellen sicherlich zu einem Blutbad an den Alawiten führen, das alles, was in diesem Krieg bisher geschah, bei Weitem übertreffen würde. Ganz zu schweigen davon, dass es so kommen könnte wie in Libyen nach Gaddafis Fall: Ein Land ohne Regierung wird zu einem Zufluchtsort islamischer Terroristen aller Schattierungen.

Anstatt über humanitäre Belange zu klagen und über Waffenlieferungen an die Rebellen zu streiten, sollte sich der Westen Russland anschließen und auf eine Verhandlungslösung drängen. Wenn nötig, sollte er die Hilfe an die Rebellen einstellen und Assad erlauben, auf seinem Posten zu bleiben: Er ist die einzige Person, die das Land zusammenhalten kann. Um Bismarck zu zitieren: „Politik ist die Wahl zwischen Schlimmem und Schlimmerem.“ Bei einer solchen Wahl ist Assad sicherlich nicht das Schlimmste."

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