Freitag, 24. Mai 2013

"Rebellengeneral fleht Westen um Waffen an"

"Verzweifelt bittet die syrische Rebellenführung den Westen im Kampf gegen das Regime um Waffen. Doch alle Beteiligten zögern bei der Aufrüstung der Aufständischen, die Lage ist verfahren. Selbst eine Aufhebung des Embargos könnte den Weg nicht ebnen.
 
Der Auftritt des Generals muss denkwürdig gewesen sein. Mit bebender Stimme malte Salim Idriss, der Generalstabschef der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee (FSA) am späten Mittwochabend sein persönliches Horror-Szenario: Alle Opfer der Freiheitskämpfern in Syrien könnten vergeblich gewesen sein, so der Rebellenanführer, wenn nicht schleunigst Waffenlieferungen zu den Rebellen gelangten. So aufgebracht aber auch detailreich berichtete Idriss den Teilnehmer der nächtlichen Abschlusssitzung der "Freunde Syriens"-Konferenz, die im jordanischen Amman stattfand, dass die Minister gut anderthalb Stunden länger zusammen saßen als eigentlich geplant.
Die FSA könnte ihren Kampf gegen das Regime Baschar al-Assads innerhalb von wenigen Monaten verlieren, warnte Idriss in seinem hochemotionalen Vortrag. Um die Niederlage abzuwenden, bräuchten seine Männer umgehend panzerbrechende Waffen und Flugabwehrgeschosse, so der Militär. Das Bild von den Erfolgschancen der Revolution, das der General vor den versammelten Außenministern der USA, der Türkei, Deutschland und acht anderen europäischen und arabischen Ländern zeichnete, war düster. So düster, dass die versammelten Außenminister irgendwann ihre Mitarbeiter aus dem Saal schickten. Die Außenamtschefs - von John Kerry bis zu Guido Westerwelle - wussten, welches Signal Idriss' verzweifelter Appell senden könnte, sollte er seinen Weg in die Medien finden. Denn der Hilferuf wird wohl ohne Folgen bleiben. Beobachter gehen nicht davon aus, dass die Rebellen demnächst Waffen aus dem westlichen Ausland bekommen. Und so könnten die "Freunde Syriens" wegen ihrer ablehnenden Haltung schon bald als Schuldige für das weitere Vorrücken Assads dastehen.
Deutsche Rüstungsfirmen dürfen nicht in Krisengebiete liefern
Tatsächlich ist die Debatte um die Aufhebung des Ende Mai auslaufenden Waffenembargos gegen Syrien eine Scheindiskussion: Großbritannien und Frankreich fabulieren zwar davon, dass sie schon bald ausgewählte syrische Rebellengruppen bewaffnen könnten. Doch es ist höchst unwahrscheinlich, dass dies wirklich geschieht. Selbst wenn die EU-Außenminister bei der Sitzung am kommenden Montag beschließen sollten, das Embargo zu lockern, sind Waffenlieferungen noch lange nicht erlaubt. Es greifen trotzdem die nationalen Gesetze jedes Landes.
"Deutschen Firmen zum Beispiel ist die Lieferung von Kriegsgerät in Krisengebiete untersagt", sagt Markus Kaim, Rüstungsexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Hinzu käme, dass Waffenproduzenten vermutlich wenig Interesse hätten, die syrischen Rebellen als Kunden zu gewinnen. "Das ist quantitativ nicht attraktiv, und die politischen Belastungen sind zu groß", so Kaim. Zudem müssten Staaten sich per sogenannter Endverbleibsklausel verpflichten, dass die Waffen nicht an Dritte gelangen. "Das ist im Falle der Rebellen nicht möglich", so Kaim.
Die Diskussion um die Aufhebung des Embargos ist eine Drohgebärde gegenüber Damaskus. Assad muss sie nicht allzu ernst nehmen. Derzeit scheint sogar eine Mehrheit der Mitgliedstaaten an dem Embargo festhalten zu wollen. Doch dazu bedürfte es einer einstimmigen Entscheidung, die Frankreich und Großbritannien nicht wollen.
Netanjahu warnt vor Waffenlieferungen an die Rebellen
Zu den wichtigsten Befürwortern des Embargos zählt Österreich, weil es 370 Blauhelme auf den Golanhöhen stationiert hat, die dort den Waffenstillstand zwischen Israel und Syrien überwachen. Die Regierung in Wien hat bereits mit dem Abzug ihrer Soldaten gedroht, falls das Embargo ausläuft: Zu groß sei das Risiko, dass marodierende Rebellentruppen mit West-Waffen auf die Österreicher zielten.
Auch die skandinavischen Länder sind geschlossen gegen die Aufhebung des Waffenembargos. Sie argumentieren, dass jeder Krieg nur brutaler und länger würde, wenn eine Konfliktpartei von außen aufgerüstet wird. Ähnlich sehen das Hilfsorganisationen wie Oxfam. "Waffen an die syrische Opposition zu schicken, wird den Konflikt nicht fairer machen. Im Gegenteil: Es wird die Gewalt nur anheizen, die Opfer werden die syrischen Zivilisten sein", so die Organisation. Deutschland verhält sich abwartend. Berlin wehrt sich nicht mehr gegen das Auslaufen des Lieferverbots. Die Bundesregierung will einen Streit um das Thema vermeiden, um die Wirtschaftssanktionen gegen Syrien nicht auch noch zu gefährden. Gleichwohl warnt Westerwelle weiter davor, dass Granatwerfer oder gar ein Flugabwehrgeschoss "in die falschen Hände" fallen könnte.
Bei Westerwelles Besuch in Israel hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Deutschen nochmal eindrücklich vor allen Waffenlieferungen - vor allem von Flugabwehrraketen - an die Rebellen gewarnt. Boden-Luft-Raketen in Rebellenhand könnten die zivile Luftfahrt in Israel ernsthaft gefährden und den Luftraum faktisch zur Flugverbotszone machen, so Netanjahu."

Quelle:  http://www.spiegel.de/politik/ausland/aufruestung-der-rebellen-in-syrien-scheitert-am-zoegern-von-usa-und-eu-a-901567.html

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