Der Auftritt des Generals muss denkwürdig gewesen sein. Mit bebender
Stimme malte Salim Idriss, der Generalstabschef der von Deserteuren
gegründeten Freien Syrischen Armee (FSA) am späten Mittwochabend sein
persönliches Horror-Szenario: Alle Opfer der Freiheitskämpfern in Syrien
könnten vergeblich gewesen sein, so der Rebellenanführer, wenn nicht
schleunigst Waffenlieferungen zu den Rebellen gelangten. So aufgebracht
aber auch detailreich berichtete Idriss den Teilnehmer der nächtlichen
Abschlusssitzung der "Freunde Syriens"-Konferenz, die im jordanischen
Amman stattfand, dass die Minister gut anderthalb Stunden länger
zusammen saßen als eigentlich geplant.
Die FSA könnte ihren Kampf gegen das Regime Baschar al-Assads innerhalb
von wenigen Monaten verlieren, warnte Idriss in seinem hochemotionalen
Vortrag. Um die Niederlage abzuwenden, bräuchten seine Männer umgehend
panzerbrechende Waffen und Flugabwehrgeschosse, so der Militär. Das Bild
von den Erfolgschancen der Revolution, das der General vor den
versammelten Außenministern der USA, der Türkei, Deutschland und acht
anderen europäischen und arabischen Ländern zeichnete, war düster. So
düster, dass die versammelten Außenminister irgendwann ihre Mitarbeiter
aus dem Saal schickten.
Die Außenamtschefs - von John Kerry bis zu Guido Westerwelle -
wussten, welches Signal Idriss' verzweifelter Appell senden könnte,
sollte er seinen Weg in die Medien finden. Denn der Hilferuf wird wohl
ohne Folgen bleiben. Beobachter gehen nicht davon aus, dass die Rebellen
demnächst Waffen aus dem westlichen Ausland bekommen. Und so könnten
die "Freunde Syriens" wegen ihrer ablehnenden Haltung schon bald als
Schuldige für das weitere Vorrücken Assads dastehen.
Deutsche Rüstungsfirmen dürfen nicht in Krisengebiete liefern
Tatsächlich ist die Debatte um die Aufhebung des Ende Mai auslaufenden Waffenembargos gegen Syrien eine Scheindiskussion: Großbritannien und Frankreich fabulieren zwar davon, dass sie schon bald ausgewählte syrische Rebellengruppen bewaffnen könnten. Doch es ist höchst unwahrscheinlich, dass dies wirklich geschieht. Selbst wenn die EU-Außenminister bei der Sitzung am kommenden Montag beschließen sollten, das Embargo zu lockern, sind Waffenlieferungen noch lange nicht erlaubt. Es greifen trotzdem die nationalen Gesetze jedes Landes.
"Deutschen Firmen zum Beispiel ist die Lieferung von Kriegsgerät in Krisengebiete untersagt", sagt Markus Kaim, Rüstungsexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Hinzu käme, dass Waffenproduzenten vermutlich wenig Interesse hätten, die syrischen Rebellen als Kunden zu gewinnen. "Das ist quantitativ nicht attraktiv, und die politischen Belastungen sind zu groß", so Kaim. Zudem müssten Staaten sich per sogenannter Endverbleibsklausel verpflichten, dass die Waffen nicht an Dritte gelangen. "Das ist im Falle der Rebellen nicht möglich", so Kaim.
Die Diskussion um die Aufhebung des Embargos ist eine Drohgebärde gegenüber Damaskus. Assad muss sie nicht allzu ernst nehmen. Derzeit scheint sogar eine Mehrheit der Mitgliedstaaten an dem Embargo festhalten zu wollen. Doch dazu bedürfte es einer einstimmigen Entscheidung, die Frankreich und Großbritannien nicht wollen.
Netanjahu warnt vor Waffenlieferungen an die Rebellen
Zu den wichtigsten Befürwortern des Embargos zählt Österreich, weil es 370 Blauhelme auf den Golanhöhen stationiert hat, die dort den Waffenstillstand zwischen Israel und Syrien überwachen. Die Regierung in Wien hat bereits mit dem Abzug ihrer Soldaten gedroht, falls das Embargo ausläuft: Zu groß sei das Risiko, dass marodierende Rebellentruppen mit West-Waffen auf die Österreicher zielten.
Auch die skandinavischen Länder sind geschlossen gegen die Aufhebung
des Waffenembargos. Sie argumentieren, dass jeder Krieg nur brutaler und
länger würde, wenn eine Konfliktpartei von außen aufgerüstet wird.
Ähnlich sehen das Hilfsorganisationen wie Oxfam. "Waffen an die syrische
Opposition zu schicken, wird den Konflikt
nicht fairer machen. Im Gegenteil: Es wird die Gewalt nur anheizen, die
Opfer werden die syrischen Zivilisten sein", so die Organisation.
Deutschland verhält sich abwartend. Berlin wehrt sich nicht mehr
gegen das Auslaufen des Lieferverbots. Die Bundesregierung will einen
Streit um das Thema vermeiden, um die Wirtschaftssanktionen gegen Syrien
nicht auch noch zu gefährden. Gleichwohl warnt Westerwelle weiter
davor, dass Granatwerfer oder gar ein Flugabwehrgeschoss "in die
falschen Hände" fallen könnte.
Bei Westerwelles Besuch in Israel hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Deutschen nochmal eindrücklich vor allen Waffenlieferungen - vor allem von Flugabwehrraketen - an die Rebellen gewarnt. Boden-Luft-Raketen in Rebellenhand könnten die zivile Luftfahrt in Israel ernsthaft gefährden und den Luftraum faktisch zur Flugverbotszone machen, so Netanjahu."
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/aufruestung-der-rebellen-in-syrien-scheitert-am-zoegern-von-usa-und-eu-a-901567.html
Deutsche Rüstungsfirmen dürfen nicht in Krisengebiete liefern
Tatsächlich ist die Debatte um die Aufhebung des Ende Mai auslaufenden Waffenembargos gegen Syrien eine Scheindiskussion: Großbritannien und Frankreich fabulieren zwar davon, dass sie schon bald ausgewählte syrische Rebellengruppen bewaffnen könnten. Doch es ist höchst unwahrscheinlich, dass dies wirklich geschieht. Selbst wenn die EU-Außenminister bei der Sitzung am kommenden Montag beschließen sollten, das Embargo zu lockern, sind Waffenlieferungen noch lange nicht erlaubt. Es greifen trotzdem die nationalen Gesetze jedes Landes.
"Deutschen Firmen zum Beispiel ist die Lieferung von Kriegsgerät in Krisengebiete untersagt", sagt Markus Kaim, Rüstungsexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Hinzu käme, dass Waffenproduzenten vermutlich wenig Interesse hätten, die syrischen Rebellen als Kunden zu gewinnen. "Das ist quantitativ nicht attraktiv, und die politischen Belastungen sind zu groß", so Kaim. Zudem müssten Staaten sich per sogenannter Endverbleibsklausel verpflichten, dass die Waffen nicht an Dritte gelangen. "Das ist im Falle der Rebellen nicht möglich", so Kaim.
Die Diskussion um die Aufhebung des Embargos ist eine Drohgebärde gegenüber Damaskus. Assad muss sie nicht allzu ernst nehmen. Derzeit scheint sogar eine Mehrheit der Mitgliedstaaten an dem Embargo festhalten zu wollen. Doch dazu bedürfte es einer einstimmigen Entscheidung, die Frankreich und Großbritannien nicht wollen.
Netanjahu warnt vor Waffenlieferungen an die Rebellen
Zu den wichtigsten Befürwortern des Embargos zählt Österreich, weil es 370 Blauhelme auf den Golanhöhen stationiert hat, die dort den Waffenstillstand zwischen Israel und Syrien überwachen. Die Regierung in Wien hat bereits mit dem Abzug ihrer Soldaten gedroht, falls das Embargo ausläuft: Zu groß sei das Risiko, dass marodierende Rebellentruppen mit West-Waffen auf die Österreicher zielten.
Bei Westerwelles Besuch in Israel hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Deutschen nochmal eindrücklich vor allen Waffenlieferungen - vor allem von Flugabwehrraketen - an die Rebellen gewarnt. Boden-Luft-Raketen in Rebellenhand könnten die zivile Luftfahrt in Israel ernsthaft gefährden und den Luftraum faktisch zur Flugverbotszone machen, so Netanjahu."
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/aufruestung-der-rebellen-in-syrien-scheitert-am-zoegern-von-usa-und-eu-a-901567.html
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